Einführung von Postmandaten

Durch Verordnung des Reichskanzlers vom 22.9.1871 (Amtsblatt der Deutschen Reichs-Postverwaltung, S. 333) werden ab 15.10.1871 Postmandate eingeführt.
Dort heißt es:
Auf Grund des § 57 des Gesetzes über das Postwesen vom 2. November 1867 wird Folgendes bestimmt:
Behufs der Erleichterung des Geldverkehrs kann vom 15. October 1871 ab die Einziehung von Geldern bis zu 50 Thalern oder 87½ Gulden einschl. durch Postmandate erfolgen. Formulare zu den Postmandaten können bei allen Postanstalten zum Preise von ¼ Silbergroschen für 5 Stück bezogen werden. Dem Mandate ist das einzulösende Papier (die quittierte Rechnung, der quittierte Wechsel, der Coupon etc.) zur Aushändigung an denjenigen, welcher Zahlung leisten soll, beizufügen. Das Mandat ist vom Absender durch Angabe seines Namens und Wohnorts, des Namens und Wohnorts des Schuldners, sowie des einzuziehenden Betrages auszufüllen. Die Thaler- oder Guldensumme muß in Zahlen und in Buchstaben ausgedrückt sein. Zu schriftlichen Mittheilungen an den Schuldner ist das Postmandat, welches in den Händen der Post verbleibt, nicht zu benutzen. Bei Benennung mehrerer Personen erfolgt die Vorzeigung nur an den zuerst genannten Adressaten. Einem Postmandate können mehrere Quittungen, Wechsel, Coupons etc. zur gleichzeitigen Einziehung von demselben Schuldner beigefügt werden; die Geldsumme des einzuziehenden Betrages darf jedoch den oben bezeichneten Betrag nicht übersteigen. Die Vereinigung mehrerer Postmandate zu einer Sendung ist nicht statthaft. Der Auftraggeber hat das Postmandat nebst dessen Anlage unter verschlossenem Couvert an die Adresse der Postanstalt, welche die Einziehung bewirken soll, recommandirt abzusenden. Der Brief ist mit der Aufschrift "Postmandat" zu versehen.
Die Gebühr beträgt, einschließlich des Portos und der Rcommandationsgebühr, ohne Rücksicht auf die Höhe des Betrages 5 Silbergroschen bezw. 18 Kreuzer. Diese Gebühr ist vom Auftraggeber vor Absendung des Briefes, möglichst durch Verwendung von Postwerthzeichen, zu entrichten. Die Uebermittelung des eingezogenen Betrages an den Auftraggeber erfolgt durch Postanweisung; die Postanweisungsgebühr wird von dem eingezogenen Betrage in Abzug gebracht. Wird der Betrag nicht eingezogen, so kommt, außer der bei der Aufgabe entrichteten Gebühr, eine weitere Gebühr nicht in Anwendung.
Ueber den Postmandat-Brief wird dem Absender ein Einlieferungsschein ertheilt. Die Postverwaltung haftet für die Beförderung des Postmandat-Briefes wie für einen recommandirten Brief, für den eingezogenen Betrag aber in demselben Umfange wie für die auf Postanweisungen eingezahlten Beträge. Eine weitere Garantie, insbesondere für die rechtzeitige Vorzeigung oder rechtzeitige Rücksendung des Postmandats nebst Anlage, wird nicht geleistet; auch übernehmen die Postanstalten weder die Protesterhebung, noch die Erfüllung anderer im Wechselrechte vorgeschriebenen Formen bezüglich der ihnen zur Einziehung übergebenen Wechsel.
Die Einziehung des Betrages erfolgt gegen Vorzeigung des Postmandats und Aushändigung der quittirten Rechnung (des quittirten Wechsels etc.). Die Zahlung ist entweder sofort an den Postboten oder, wenn der der Auftraggeber nicht die sofortige Rücksendung verlangt hat, binnen siebenTagen nach der Vorzeigung des Postmandats bei der einziehenden Postanstalt zu leisten. Erfolgt die Zahlung innerhalb dieser Frist nicht, so wird das Postmandat vor der Rücksendung dem Adressaten nochmals zur Zahlung vorgezeigt. Verlangt der Auftraggeber die sofortige Rücksendung nach einmaliger vergeblicher Vorzeigung, so ist solches durch den Vermerk "Sofort zurück" auf der Rückseite zu bezeichnen. Theilzahlungen werden nicht angenmmen. Wird der Adressat nicht ermittelt, oder leistet er, auch bei der zweiten Vorzeigung des Postmandats, nicht Zahlung, so wird das Postmandat mit der Quittung (Wechsel) dem Auftraggeber mittelst recommandirten Briefs kostenfrei zurückgesandt.
An Einwohner im Orts- oder Landbestellbezirke der Aufgabe-Postanstalt werden Postmandate unter denselben Bedingungen wie an Adressaten im Bereiche anderer Postorte angenommen.

Diese Regelung gilt für das Norddeutsche Postgebiet, in und im Verkehr mit Elsass-Lothringen, Baden und Württemberg und ab 1.11.1871 auch in und im Verkehr mit Bayern. Dies wird in getrennten Verfügungen vom 20.9.871 (Nr. 84),10.10.1871 (Nr.98),17.10.1871 (Nr.107) und 30.10.1871 (Nr. 113) mitgeteilt.
Für Elsass-Lothringen beträgt die Obergrenze 200 Franken.