Einführung:

 

Die Tarife von Paketen und die Vermerke auf Paketkarten zu interpretieren ist meist erheblich komplizierter als bei Briefen. Paketkarten für den Inlandverkehr und für den Wechselverkehr mit dem Deutschen Reich, Württemberg und der Österreichisch-Ungarischen Monarchie lassen sich an hand der für jedermann greifbaren Literatur gut interpretieren. (z.B. Fahrpost in Deutschland 1808-1923, Christian Hörter, Nürnberg 1992; Deutsches Reich, Die Tarife für Brief und Paket-post vom 1.7.1906 bis 31.12.1923 von H.P. Oechsner, Infla Bücherei 12, Nürnberg 1976). Für Paketkarten ins Ausland liegen Grundzüge für Interpretationen für die Zeit von 1875-1900 vor

 (Werner Steven, Auslandstarife für die Brief- und Paketpost 1875-1900, Braunschweig 1986).

Zunächst soll für diese Artikelreihe der Unterschied zwischen Postpaketen und Postfrachtstücken klar definiert werden. Als Postpakete werden Pakete bezeichnet, die im Rahmen der Paketpostabkommen des Weltpostvereins (WPV) versandt wurden. Die erste Übereinkunft über den Versand von Postpaketen wurde auf dem Pariser Weltkongreß für 21 Länder am 3.11.1880 mit Wirksamkeit für Deutschland und Frankreich ab 1.5.1881 und für weitere 19 Länder ab dem 1.10.1881 erreicht. Wesentliche Änderungen mit Erweiterungen für die Handhabung und die Möglichkeiten im Paketpost-Dienst erfolgten auf den folgenden Postkongressen und stellen für die Interpretation von Paketkarten wichtige Daten dar:

 

in Paris

wirksam 

 ab 1.5.1881

  Anlage zum Verordnungs- und Anzeigeblatt für die kgl.

  Bayer. Verkehrs-Anstalten 1881, Nr.69 nach S.446, S.1 - 67

in Lissabon

wirksam

ab 1.4.1886

  Anlage zum Verordnungs- und Anzeigeblatt für die kgl.

  Bayer. Verkehrs-Anstalten 1886, Nr.15 nach S.154, S.1 - 20

in Wien

wirksam

ab 1.7.1892

  Anlage zum Verordnungs- und Anzeigeblatt für die kgl.

  Bayer. Verkehrs-Anstalten 1892, Nr.35 nach S.215-314 

in Washington

wirksam

ab 1.1.1899

  Reichsgesetzblatt 1898, S.1079 - 1184

in Rom

wirksam

ab 1.10.1907

  Reichsgesetzblatt 1907, S.593 - 719

(in Madrid)

(wirksam

ab 1.1.1922)

  (Reichsgesetzblatt 1921, S.1376 – 1487)

 

Jederzeit konnten Länder den Vereinbarungen beitreten, wobei das Minimum an einzuhaltenden Regeln zunächst in Paris festgelegt wurde, in den späteren Postkongressen wurde dieses Minimum erweitert. Jedes neu in den WPV eintretende Land konnte festlegen, welchen Teil der Bestimmungen es über dieses Minimum hinaus übernehmen wollte. Zum Beispiel konnte es festlegen, daß es wohl beim Eilboten- nicht aber beim Nachnahme-Dienst nach den Regeln des WPV mitmachen wollte. Die Beförderung eines Paketes mit Nachnahme dieses Landes erfolgt dann nicht nach den Regeln des WPVs sondern als Postfracht nach den Regeln der bilateralen Absprache zwischen den Postanstalten des Absende- und Ankunftslandes oder beim Transit durch andere Länder auch nach den Absprachen mit den Posten dieser Länder.

Der überwiegende Teil des Paketverkehrs wurde, sobald ein Land dem WPV beigetreten war, nach dessen Bestimmungen abgewickelt. Diese klaren und übersichtlichen  Bestimmungen werden bei den diskutierten Ländern als erstes Kapitel vorgestellt. In diesen Kapiteln wird auch der Paketversand von Bayern (bzw. dem Deutschen Reich) ins Ausland mitbehandelt, der praktisch weitestgehend den Bestimmungen des WPVs entspricht, aber streng genommen nicht dem WPV unterliegt, da kleine bilateral abweichende Handhabungen oder kleine nicht im WPV vorgesehene Ergänzungen die Mitgliedschaft in Teilbereichen ausschließt. Diese Tarife werden „Einheitstarife“ genannt (In den Tabellen werden solche Werte kursiv gedruckt, sie werden auch ab Reichspaketposttarif 1886 als Postpakete geführt).

Alle anderen von der Bayerischen Post (bzw. der Deutschen Reichspost) ins Ausland vorgenommenen Paketversendungen laufen unter dem Kapitel  Postfracht. Dies gilt besonders für den Zeitraum bevor ein Land dem WPV beigetreten war (für alle vor dem 1.5.1881), für Pakete mit mehr als 5,0 kg Gewicht und für Dienste, denen ein Land noch nicht dem WPV beigetreten war.

Ab Dezember 1914 werden die Briefmarken auf Paketkarten ab 2 M häufig gelocht, geritzt oder die Ecke abgerissen (Entschließung des Bayer. Verkehrsministeriums vom 27.5.1914, 23/11567 PII 14).Offensichtlich sollte es verhindert werden, dass sammelfreudige Postler die Marken ablösen.

 

Als Literatur standen dem Autor folgende Reichs-Paketposttarife zur Verfügung: 1874, 1878, 1886, 1889, 1892, 1895, 1898, 1901, 1905, 1907, 1911 (es fehlt nur der Tarif von 1882); außerdem die Vergütungstabellen für Briefe und Kästchen mit Wertangabe sowie für Postpakete des Weltpostvereins (1913) mit allen Ergänzungen bis zum 5.2.1920. Für die Zeit von 1917 – 1921 standen die Postblätter zum Deutschen Reichsanzeiger zur Verfügung. Zur Erfassung der Tarifperioden wurde ein vollständiger Satz der Verordnungen der Bayerischen Post (1842-1920, Beilagen 1889-1897), die Amtsblätter des Reichspostamtes 1875-1919 und die Postnachrichtenblätter des Reichspostministeriums 1920-1923 herangezogen, und in Bereichen in denen die Reichs-Paketposttarife nicht zur Verfügung standen, wurde außer den Postblättern eine Reihe von Posthandbüchern herangezogen. Weitere Literaturangaben werden nur für schwer auffindbare Texte angegeben.

 

Besonders bedanken möchte ich mich bei Robin Pizer, Gloucestershire, der mit enormer Fachkenntnis die vorliegende Arbeit  korrekturgelesen hat.