Briefe an Behörden sollte man ausreichend frankieren!

Herr Karl Weirich aus Hanweiler schreibt einen Brief an die "Königliche Hochlöbliche Eisenbahn-Direction in Köln (linksrheinisch)" und wirft ihn in Saargemünd in den Postkasten des Postamtes 2. Hanweiler ist ein kleiner Ort ohne Postagentur ganz in der Nähe von Saargemünd - die letzte Bahnstation an der Bahnstrecke Saarbrücken - Saargemünd. (s. Karte)
             

















Herr Weinrich hat den Brief (s. Abb. 1) ganz normal mit einer 10-Pfennig-Marke (41b) frankiert. Im Postamt Saargemünd 2 stellt man fest, dass der Brief Übergewicht hat, zeichnet dies korrekt mit einer 2 (oben links) aus und taxiert 20 Pf. nach.
Der Aufgabestempel (s. Abb. 2)  zeigt, dass der Brief morgens zwischen 9 und 10 Uhr in der  Post bearbeitet wurde.
Schon abends zwischen 7und 8 Uhr wird er beim Postamt Cöln 1 entgegengenommen und der Eingang mit einem besonderen Stempel (s. Abb. 3) in blau  dokumentiert, da noch ein Nachporto  beim Empfänger zu erheben ist.

Die Eisenbahn-Direction ist offensichtlich nicht begeistert über Briefe, die ungenügend frankiert sind. Weil dies öfter vorkommt, besitzt die Kanzlei der Direktion einen Aufkleber (s. Abb. 4), auf dem der Absender vermerkt und bestätigt wird, dass die Kanzlei das zunächst bezahlte Nachporto erstattet bekommen hat.




Der Briefumschlag mit dem Aufkleber wird zu dem Postamt Cöln 1 zurückgebracht, das Nachporto erstattet, auf dem Umschlag ein Entlastungsstempel angebracht (s. Abb. 5), und auf der Vorderseite vermerkt: "Umschlag zurück".
                                                           



Der Umschlag kommt an das Postamt 2 in Saargemünd zurück (s. Abb 6.). Dort stellt man fest, dass man für Hanweiler nicht zuständig ist. Hanweiler liegt nämlich in Rheinpreussen und Saargemünd in Lothringen (s. Karte).
                                                                                                                             


              

Obwohl Hanweiler von Kleinblittersdorf viel weiter (zwei Bahnstationen) weg liegt, gehört es doch zu dessen Landbestellbezirk.
Dieses wird  auf dem Aufkleber vermerkt und der Umschlag erneut auf den Weg gebracht. Die Ankunft in der Postagentur in Kleinblittersdorf wird bestätigt (s. Abb. 7) und der Landbriefträger kann die 20 Pf. im 5 km entfernten Hanweiler bei Herrn Weirich eintreiben.
Was für ein Aufstand für 20 Pf.!

Es bleibt nachzutragen, dass gemäß § 44 Abs. 6 der Postordnung Reichs- und Staatsbehörden befugt sind, auch nach erfolgter Annahme und  Eröffnung portopflichtiger Sendungen  die Briefumschläge zu dem Zwecke an die Postanstalt zurückzugeben, das Porto von dem Absender nachträglich einzuziehen.
  

Belege mit solchen Nachforderungen von Behörden gibt es sicher häufiger, aber mit so perfekter Dokumentation wohl selten.