Aus dem Amts-Blatt der Norddeutschen Post-Verwaltung No. 79 Seite 351 Beilage zur Generalverfügung  No. 205 vom 15.12.1869.(Schreibweisen des Originals sind beibehalten, dort gesperrt gedruckte Wörter sind unterstrichen):

Anlage D

Aufzeichnung der Porto- und Gebührenbeträge - zum Zwecke der Entschädigung - für solche bisher portofreie, künftig portopflichtige Sendungen, deren Portofreiheit auf einem lästigen Privatrechtstitel beruht.

Nach §. 6 des Gesetzes vom 5. Juni 1869, betreffend die Portofreiheiten im Gebiete des Nordeutschen Bundes, wird für die Aufhebung, beziehungsweise Einschränkung der Portofreiheiten insoweit Entschädigung aus der Bundes-Postkasse geleistet, als dies mit Rücksicht auf die von Portobefreiungen etwa zu Grunde liegenden lästigen Privatrechtstitel nach den Landesgesetzen nothwendig ist.
Nach Maßgabe dieser gesetzlichen Bestimmung muß die Postverwaltung für die Aufhebung der Portofreiheit folgender Sendungen inEisenbahn-Angelegenheiten Entschädigung leisten:
1) diejenigen Briefe, Akten und Drucksachen (Akten und Drucksachen nur in Packeten bis zum Gewichte von 20 Pfund), welche inAngelegenheiten des Deutschen Eisenbahn-Vereins innerhalb des Norddeutschen Postgebiets zur Versendung gelangen, mithin wenn der Abgangsort und der Bestimmungsort solcher Sendungen im Norddeutschen Postgebiete gelegen sind;*)
2) derjenigen Sendungen, welche nach Maßgabe der mit den einzelnen Eisenbahn-Gesellschaften abgeschlossenen Verträge in Dienst-Angelegenheiten der einzelnen Eisenbahn-Gesellschaft bisher portofrei zu befördern waren.
Behufs der Entschädigungsleistung kommt folgendes Verfahren in Anwendung.

I. Sendungen in Angelegenheiten des Deutschen Eisenbahn-Vereins.
Die absendenden Eisenbahnbehörden bezeichnen die Sendungen mit dem Rubrum: "Deutsche Eisenbahn-Vereins-Sache" und setzen den Vermerk "frankirt" hinzu. **)
Sodann lassen dieselben die Sendungen in ihrem Büreau in ein Entschädigungs-Conto eintragen, welches nach dem umstehenden Formular A. eingerichtet ist***). Der aufliefernden Behörde liegt die Ausfüllung der Rubriken 1 bis 4 ob; Packete sind, neben der summarischen Eintragung in Rubrik 3, noch speziell in Rubrik 4 zu verzeichnen. Das Entschädigungs-Conto wird bei der Einlieferung der Sendungen zur Post daselbst der Annahmestelle mit vorgelegt.
Der an der Annahmestelle der Postanstalt fungierende Beamte trägt das Gewicht der Packete in Rubrik 5 ein und verzeichnet die sämmtlichen Portobeträge in Rubrik 6, und zwar hinsichtlich der gewöhnlichen Briefe (incl. Kreuzbände) summarisch, hinsichtlich derr Packete einzeln.
Unfrankirt eingehende Sendungen können nicht vorkommen.

*)Anmerkung. Soweit dergleichen Sendungen in Angelegenheiten des Deutschen Eisenbahn-Vereins nach Orten in Baden, Bayern,Oesterreich oder Württemberg gerichtet sind, oder aus solchen Orten eingehen, genießen sie auch ferner nach §. 12  1. c. die Portofreiheit, da für diesen Austausch die in Rede stehende Portofreiheit auf Conventionen mit dem Auslande beruht und fortbesteht.

(Hinweis: Durch  Verfügung No 185 vom 27.12.1871 gelten für den Verkehr zwischen Baden und dem bisherigen Norddeutschen Bund ab 1.1. 1872 die Regelungen  der Anlage D)

**) Anmerkung. Bei den in der vorhergehenden Anmerkung bezeichneten Sendungen in "Deutschen Eisenbahn-Vereins-Sachen" nach Baden, Bayern, Oesterreich und Württemberg bewendet es bei dem portofreien Rubrum und findet daher der Zusatz "frankirt" nicht statt.

***) Anmerkung. Das Entschädigungs-Conto nach Formular A. findet nur bei den Eisenbahn-Directiv-Behörden (Eisenbahn-Directionen etc.) Anwendung; bei den Eisenbahn-Betriebs-Behörden (Eisenbahn-Stationen etc.) kommen Sendungen in Angelegenheiten des Deutschen Eisenbahn-Vereins nicht vor.


II. Sendungen in Eisenbahn-Dienst-Angelegenheiten.
Die absendenden Eisenbahnbehörden bezeichnen, soweit ihr bisheriges vertragsmäßiges Recht auf Portofreiheit für Sendungen in Eisenbahn-Dienstsachen sich ertsreckte, die desfallsigen Sendungen mit dem Rubrum: "Eisenbahn-Dienst-Sache" und setzen den Vermerk "frankirt" hinzu.
Sodann lassen dieselben die Sendungen in ihrem Büreau in ein Entschädigungs-Conto eintragen, welches nach dem umstehenden Formular B. eingerichtet ist*). Der aufliefernden Behörde liegt die Ausfüllung der Rubriken 1 bis 4 ob; die recommandirten Sendungen, Postanweisungen, Geldbriefe, Packete mit und ohne Werthsdeclaration sind, neben der summarischen Eintragung in Rubrik 3, noch speciell in Rubrik 4 zu verzeichnen. Das Entschädigungs-Conto wird bei Einlieferung der Sendungen zur Post daselbst der Annahmestelle mit vorgelegt.
Der an der Annahmestelle der Postanstalt fungirende Beamte trägt das Gewicht der Packete in Rubrik 5 ein und verzeichnet die sämmtlichen Porto- und Gebührenbeträge in Rubrik 6, und zwar hinsichtlich der gewöhnlichen Briefe (incl. Kreuzbände und Muster) summarisch, hinsichtlich der übrigen, in Rubrik 4 erläuterten Sendungen, einzeln.
Dasselbe Entschädigungs-Conto, welches für die abgehenden Sendungen benutzt wird, dient auch zur Eintragung der in demselben Umfange in "Eisenbahn-Dienst-Sachen" an die Eisenbahnbehörde gerichteten, unfrankirt eingehenden Sendungen. Es können diese Sendungen mithin nur dann verzeichnet werden, wenn sie äußerlich als solche kenntlich sind, für welche die Empfangsstelle Anspruch auf Entschädigung an Porto hat. Wenn daher an die Eisenbahnbehörde solche Sendungen unfrankirt gerichtet werden, auf welche die Entschädigung der Empfangsstelle sich zu erstrecken hat, so empfielt es sich, daß bereits der Absender das Rubrum "Eisenbahn-Dienst-Sache" ohne den Zusatz "frankirt" auf der Adresse anwendet. Andernfalls müßte die empfangende Behörde das Couvert mit einem entsprechenden Vermerk über die Berechtigung auf Entschädigung zur nachträglichen Verzeichnung zurückgeben. Der Postbeamte der Ausgabestelle trägt das Datum der Abholung und die auf den erwähnten Sendungen haftenden Porto- etc. Beträge summarisch in das Contobuch ein. Der adressatischen Behörde liegt es ob, die Rubriken 2 bis 4 demnächst ausfüllen zu lassen**).

*) Anmerkung. Das Entschädigungs-Conto nach Formular B. wird sowohl bei den Eisenbahn-Directiv-Behörden (Eisenbahn-Directionen etc.) als bei denEisenbahn-Betriebs-Behörden (Eisenbahn-Stationen etc.) in Anwendung kommen.

**)Anmerkung. Soweit locale Verhältnisse es begründen, kann ein Entschädigungs-Conto gegenüber den Zweigen einer größeren Postanstalt in gesonderten Exemplaren geführt werden.

III. Im Allgemeinen.
( Einzelheiten des Abrechnungsverfahrens )

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Das vorbezeichnete Verfahren findet in Ansehung der Staats-Eisenbahnen und solcher Privat-Eisenbahnen, welche eine Entschädigung für die ad 2 bezeichneten Sendungen nicht geltend zu machen haben, doch rücksichtlich der ad 1 bezeichneten Sendungen in "Deutschen Eisenbahn-Vereins-Sachen" ebenfalls Anwendung.

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(Nachtrag für dem Abdruck, der an die Postanstalten gelangt.)

Die Postanstalten betrachten das Entschädigungs-Conto gleich einem Porto-Conto, welches an sie demnächst aus der Ober-Postkasse berichtigt wird. Deshalb müssen die Postanstalten die oben  erwähnten, mit dem zusätzlichen Vermerk "frankirt" versehenen Sendungen mit gewöhnlichen Postfreimarken bekleben (resp. bei großen Postämtern das Franco durch das Franco-Controll-Journal ziehen u.s.w.), damit das Franco zur Vereinnahmung gelangt.  Das Entschädigungs-Conto wird seitens der Postanstalt in dem gewöhnlichen Contobuche angelegt; monatlich ist ein Extract zu fertigen und der Betrag in der monatlichen Abrechnung mit der Ober-Postkasse bei den nicht etatsmäßigen Ausgaben in Rechnung zu stellen.