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Hessisches
Regierungsblatt No. 10. Darmstadt am 29. März 1870. Seite 129 ff Bekanntmachung, das Portofreiheitswesen in den nicht zum Norddeutschen Bunde gehörigen Theilen des Großherzogthums betreffend. Die
nachstehend abgedruckte, Das Portofreiheitswesen in den nicht zum
Norddeutschen Bunde gehörigen Theilen des Großherzogthums
betreffende Uebereinkunft vom 7. December 1869 wird, nach erfolgter
Zustimmung der Stände und inzwischen stattgehabter Ratification,
zur Nachachtung hiermit publicirt. Zugleich wird, unter
Zurücknahme der Bekanntmachung gleichen Betreffs vom 28. December
1869 ( Reg.-Bl. Nr. 59) Folgendes zur Bemessung für diejenigen,
welche es angeht, veröffentlicht.
Nach einer zwischen dem unterzeichneten Ministerium und dem General-Post-Amte des Norddeutschen Bundes neuerdings getroffenen - zunächst nur provisorischen - Vereinbarung wird auf Grund der Notirungen, welche für die Zeit vom 1. Januar bis 31. März 1870 einschließlich in den Entschädigungsconto's der einzelnen Behörden, Stiftungen, Vereine etc. stattfinden, berechnet, welcher Betrag an Porto und Gebühren durchschnittlich jährlich auf diejenigen früher portofreien Sendungen fällt, für welche nach Maßgebe der Uebereinkunft vom 7. December 1869 Porto etc. gegen Entschädigung zu entrichten ist. Der in solcher Weise aversionirte Gesammtbetrag der auf den früher portofreien, seit dem 1. Januar 1870 portopflichtigen Sendungen ruhenden Porto- und Gebührensätze tritt an die Stelle der nach Art. 9 der mehrgedachten Uebereinkunft im Einzelnen zu notirenden Porto- etc. Beträge und es wird bezüglich dieses Aversums so verfahren, wie es im Art. 9 cit. hinsichtlich des im Einzelnen zu notirenden Portos etc. vorgesehen ist d. h. es findet nach wie vor keine wirkliche baare Zahlung des Porto's etc. und der Entschädigungen, sondern lediglich ein Austausch von Quittungen statt. Hiernach fällt die Führung der Entschädigungscontos vom 1. April 1870 an weg. Die bis zum 31. März incl. zur Post eingelieferten Sendungen, welche am 1. April oder an einem späteren Tage bestellt werden, sind jedoch noch in die Entschädigungsconto's einzutragen. Um die abgehenden Sendungen als solche kenntlich zu machen, für welche bis zum 31. December 1869 Porto- etc. Freiheit bestand und für welche daher - sofern sie nicht nach Art. 1 bis 5 und 7 der Uebereinkunft vom 7. December 1869 auch jetzt noch und in Zukunft porto- etc. frei zu befördern sind - die übereinkunftsmäßige Entschädigung geleistet wird, kommt vom 1. April 1870 an nicht mehr die seither gebräuchliche Bezeichnung (als: "Großherzogliche Dienstsache, frankirt", "Herrschaftlich, frankirt" und dergleichen) in Anwendung; vielmehr sind die betreffenden Sendungen von dem genannten Tage an auf der Adresse 1) mit dem Vermerk:
"frei laut Aversum Nr. 5"
(oder abgekürzt: "frei lt.
Avers. Nr. 5") und
2. mit dem Namen der absendenden Behörde oder des
absendenden
Vereins etc. zu versehen.
Der Vermerk "frei laut Aversum Nr. 5" ist auf die
Vorderseite der
Adresse in die linke untere Ecke und der Name der absendenden
Behörde resp. des absendenden Vereins etc. unmittelbar unterhalb
dieses Vermerks zu setzen. Außerdem müssen die Sendungen
derjenigen Behörden, Beamten, Vereine etc., welche mit einem
Dienstsiegel rep. Vereinssiegel versehen sind, mittelst des
Dienstsiegels (Dienststempels) resp. des Vereinssiegels verschlossen
sein. Wenn die Behörden, Beamten, Vereine etc. mit einem
Dienstsiegel resp. Vereinssiegel nicht versehen sind, so hat der
Vermerk zunächst ganz wie vorstehend zu lauten; außerdem
aber hat der Absender in solchem Falle unterhalb des Namens der
absendenden Behörde resp. des Vereins etc. "die Ermangelung eines
Dienstsiegels resp. Vereinssiegels" mit Unterschrift des Namens und
bezw. Beisetzung des Amtscharakters zu bescheinigen.
Werden Sendungen, für welche nach der Uebereinkunft vom 7. December 1869 Entschädigung geleistet wird, von Privatpersonen abgesandt, so genügt es, wenn dem Vermerke "frei laut Aversum Nr. 5" der Name des Absenders hinzugefügt wird. Es ist den absendenden Behörden, Vereinen etc. anheim gegeben, den Vermerk "frei laut Aversum NR. 5" und den Namen des Absenders mittelst eines Stempels auf die Adresse der Sendungen drucken zu lassen, welcher nachstehender Form entspricht:
Der Name der absendenden Behörde etc. kann auch
abgekürzt
werden. Die Abgabe des Orts, an welchem der Absender seinen Sitz hat.
ist in dem Stempel entbehrlich, weil der Ort aus dem Postaufgabestempel
hervorgeht.
Die Bestellgebühren sind in dem oben erwähnten Aversum mit einbegriffen, soweit es sich um Sendungen innerhalb der nicht zum Norddeutschen Bunde gehörigen Theile des Großherzogthums sowie um Sendungen handelt, welche im Gebiete des Norddeutschen Bundes (einschließlich der nördlich des Mains gelegenen Großherzoglichen Gebietstheilen) aufgeliefert werden und an eine früher zur Porto- etc. Freiheit berechtigte Behörde etc. in den nicht zum Norddeutschen Bunde gehörigen Theilen des Großherzogthums gerichtet sind. Das Porto für Sendungen, welche aus den zum Norddeutschen Bunde gehörigen Großherzoglichen Gebietstheilen an eine früher zur Portofreiheit berechtigten Behörde etc. in den südlich des Mains gelegenen Theilen des Großherzogthums unfrankirt eingehen, ist in dem oben erwähnten Aversum nicht mit einbegriffen. Solches Porto muß daher, wenn die Sendung angenommen wird, von der empfangenden Behörde an die Post entrichtet werden. Darmstadt
den 26. März 1870.
Großherzogliches Ministerium des Großherzoglichen Hauses und des Aeußern. In dem Schlußprotokolle zu dem Vertrage zwischen der Großherzoglich Hessischen und der Königlich Preußischen Staatsregierung vom 19. Juli 1867 ist im Punkt 4 bestimmt, daß hinsichtlich der Anwendung der die Portofreithümer betreffenden Preußischen Bestimmungen im Großherzogthum Hessen eine besondere Vereinbarung vorbehalten bleibt. Nachdem das Postwesen in dem zum Norddeutschen Bunde gehörigen Theile des Großherzogthums Hessen seit dem 1. Januar 1868 auf den Norddeutschen Bund übergegangen ist, kommen in diesem Theile des Großherzogthums in Betreff des Portofreiheitswesens die Bestimmungen in der "Zusammenstellung der Grundsätze über die Behandlung des Portofreiheitswesens im Norddeutschen Postgebiete vom 1. Januar 1868" zur Anwendung. In Folge einer, auf Grund des gedachten Schluß-Protokolls vom 19. Juli 1867 mit der Großherzoglich Hessischen Regierung getroffenen Vereinbarung sind die Bestimmungen jener "Zusammenstellung" auch in den nicht zum Norddeutschen Bunde gehörigen Gebietstheilen der Großherzogthums Hessen bis auf weiteres eingeführt worden, so daß in diesen Gebiertstheil gegenwärtig gelten: 1) die in der mehrgedachten
"Zusammenstellung" vom 1. Januar 1868
aufgeführten Portofreiheiten und
2) die von der Fürstlich Thurn und Taxis'schen Postverwaltung herrührenden, weitergehenden Portofreiheiten, welche auf denjenigen räumlichen und sachlichen Umfang beschränkt sind, für welchen sie unter Thurn- und Taxis'schen Postverwaltung Geltung hatten.
Nachdem durch das Gesetz vom 5. Juni 1869, betreffend
die
Portofreiheiten im Gebiete des Norddeutschen Bundes,
(Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1869, Seite 141 ff.) die
Portofreiheitsverhältnisse in dem zum Norddeutschen Bunde
gehörigen Theile des Großherzogthums Hessen geregelt ist,
ist es zur Herbeiführung eines übereinstimmenden Verfahrens
bei den Postanstalten nothwendig, auch über das
Portofreiheitswesen in den nicht zum Norddeutschen Bunde gehörigen
Gebietstheilen des Großherzogthums Hessen anderweite Vereinbarung
zu treffen.
Die zu diesem Zwecke ernannten Commissarien nämlich : 1) Seitens der
Großherzoglich Hessischen Regierung:
Der Geheime Legationsrath, außerordentliche Gesandte und bevollmächtigte Minister Carl Hofmann, 2) Seitens des Präsidiums des Norddeutschen Bundes: Der Geheime Oberpostrath und vortragende Rath im Generalpostamt Dr. Otto Dambach,
haben sich, vorbehaltlich der Genehmigung ihrer
beiderseitigen
hohen
Comittenten, über folgende, vom 1. Januar 1870 ab in den nicht zum
Norddeutschen Bunde gehörigen Gebietstheilen des
Großherzogthums Hessen in Kraft tretende
Portofreiheits-Bestimmungen verständigt:
Artikel
1.
Den regierenden Fürsten des Norddeutschen Bundes,
deren
Gemahlinnen und Wittwen verbleibt die Befreiung von Portogebühren
in dem bisherigen Umfange.
Artikel
2.Insbesondere werden alle an Seine Königliche Hoheit den Großherzog von Hessen gerichteten Postsendungen wie bisher portofrei befördert werden, gleichviel ob dieselben das Allerhöchste Interesse betreffen oder nicht. Es sollen daher auch alle an Seine Königliche Hoheit gerichteten Bittgesuche portofrei behandelt werden, selbst wenn Sie mit dem Vermerk "frei" oder dergleichen von dem Absender versehen sind.
In reinen Bundesdienst-Angelegenheiten werden
Postsendungen jeder
Art
portofrei befördert, wenn die Sendungen von einer
Bundesbehörde abgeschickt oder an eine Bundesbehörde
gerichtet sind, und die äußere Beschaffenheit, sowie das
Gewicht der Sendungen von den an der Postverwaltung in dieser Beziehung
zu erlassenden besondern Bestimmungen entspricht.
Artikel
3.Alle Bundesrathssachen sowie Militär- und Marine-Angelegenheiten, als reinen Bundesdienst-Angelegenheiten, bisher algemein bestandenen Portofreiheiten werden aufrecht erhalten.
Auf Fahrpostsendungen zwischen den Hohenzollern'schen
Landen und
den
nicht zum Norddeutschen Bunde gehörigen Gebietstheilen des
Großherzogthums Hessen finden die vorstehenden Bestimmungen (Art.
2) keine Anwendung; die Portofreiheit dieser Sendungen richtet sich
nach den betreffenden Postverträgen.
Artikel
4.Auf Stadtpostsendungen erstreckt sich die Portofreiheit nicht.
Sendungen, welche von dem Reichstage des Norddeuteschen
Bundes
ausgehen oder an den Reichstag gerichtet sind, werden den Sendungen von
und an Bundesbehörden gleich behandelt.
Artikel
5.
Die Porto-Vergünstigungen, welche den Personen des
Militärstandes und denen der Bundeskriegsmarine bewilligt sind,
werden einstweilen aufrecht erhalten. Dem Bundespräsidium bleibt
es vorbehalten, diese Porto-Begünstigungen aufzuheben oder
einzuschränken.
Artikel
6.
Alle übrigen bisher bestandenen Portofreiheiten und
Porto-Ermäßigungen werden aufgehoben.
Artikel
7.
Portofreiheiten, welche auf Staatsverträgen oder
Conventionen
mit
den nicht zum Norddeutschen Bunde gehörigen Staaten beruhen,
werden durch das gegenwärtige Abkommen nicht berührt.
Artikel
8.Eine streckenweise portofreie Beförderung findet bei den unter Art. 2, 4 und 5 erwähnten Sendungen nicht statt. Ausländisches Porto wird in keinem Falle von der Postkasse getragen.
Für die Aufhebung der Portofreiheiten, welche in
den nicht
zum
Norddeutschen Bunde gehörigen Gebietstheilen des
Großherzogthums Hessen bestehen, wird eine Entschädigung aus
der Bundes-Postkasse gezahlt. Diese Entschädigung erstrekt sich
auf die Portofreiheiten der Prinzen und Prinzessinnen des
Großherzoglichen Hauses, auf die Portofreiheiten in
Staatsdienst-Angelegenheiten, auf die Portofreiheiten staatlicher und
anderer öffentlicher Corporationen oder Institute, der milden
Stiftungen, Privatvereine und Gesellschaften, ohne Unterschied, ob die
Portofreiheit auf einem lästigen Privatrechtstitel oder auf einem
anderen Grunde beruht. Für die Höhe dieser Entschädigung
ist derjenige räumliche und sachliche Umfang entscheidend, welchen
die Portofreiheiten zur Zeit des Abschlusses gegenwärtiger
Übereinkunft haben, und wird ein Verzeichniß dieser
Portofreiheiten besonders aufgestellt werden.
Artikel
9.Bei Feststellung des Umfangs der Entschädigung ist das Porto für die bisher portofreien, künftig portopflichtigen Sendungen maßgebend, welche von dem Berechtigten frankirt abgesandt werden oder an ihn unfrankirt eingehen. Die Entschädigung wird für diejenigen Sendungen gewährt, welche an Orten in den nicht zum Norddeutschen Bunde gehörigen Gebietstheilen des Großherzugthums Hessen zur Post eingeliefert werden oder nach solchen Orten gerichtet sind. Für diejenigen Sendungen, welche an Orten innerhalb des Norddeutschen Bundes eingeliefert werden und nach Orten in den nicht zum Bunde gehörigen Theilen des Großherzogthums gerichtet sind, wird aber eine Entschädigung nur insofern geleistet, als dieselbe nicht bereits nach Maßgabe des §. 13 des Gesetzes vom 5. Juni 1869 erfolgt. Eine Entschädigung für ausländisches Porto findet nicht statt.
Ueber die posttechnische Behandlung der bisher
portofreien, vom 1.
Januar 1870 ab portopflichtigen Sendungen bleibt nähere
Verständigung zwischen den Großherzoglich Hessischen
Behörden, Instituten etc. und der Postverwaltung des Norddeutschen
Bundes vorbehalten; es soll aber grundsätzlich daran festgehalten
werden, daß für Sendungen, welche bei Postanstalten in den
nicht zum Norddeutschen Bunde gehörigen Theilen des
Großherzogthums Hessen eingeliefert werden, eine Entrichtung des
Portos und der Gebühren durch baare Zahlung oder durch Verwendung
von Freimarken nicht verlangt, sondern die Porto- und
Gebührenbeträge den Behörden etc. creditiert und seitens
der Postanstalten notiert werden, vorausgesetzt, daß durch die
von der Postverwaltung vorgeschriebene äußere Bezeichnung
erkenntlich gemacht und bescheinigt ist, daß die Sendungen nach
den bei Abschluß der gegenwärtigen Uebereinkunft
gültigen Bestimmungen zur portofreien Beförderung geeignet
waren.
Artikel
10.Kosten für die Creditirung und Notirung des Portos etc. werden dem Berechtigten Seitens der Postverwaltung nicht in Ansatz gebracht. In ähnlicher Weise wird bezüglich der Porto- und Gebührenbeträge, welche in Folge der Aufhebung von Portofreiheiten für solche unfrankirt eingehende Sendungen, für welche nach Art. 8 eine Entschädigung geleistet wird, zu entrichten sein würden, verfahren. So lange nicht feststeht, inwiefern für die an Orten innerhalb des Norddeutschen Bundes unfrankirt eingelieferten, nach Orten in den nicht zum Bunde gehörigen Theilen des Großherzogthums gerichteten bisher portofreien Sendungen eine Entschädigung nach Maßgabe des §. 13 des Gesetzes vom 5. Juni 1869 erfolgt, werden solche Sendungen nach den Vorschriften des gegenwärtigen Artikels behandelt. Am Jahresschlusse stellt die Postanstalt der betreffenden Behörde etc. eine Quittung über den Empfang der in der vorgedachten Weise im Laufe des Jahres im Ganzen verzeichneten Porto- etc. Beträge aus, wogegen die Behörde etc. der Post eine Bescheinigung darüer ertheilt, daß die Rückerstattung jener Porto-Summe aus der Bundes-Post-Kasse erfolgt und dadurch für das betreffende Jahr Entschädigung für die Aufhebung der Portofreiheit geleistet sei. Zur Geschäfts-Erleichterung behält die Postverwaltung sich vor, mit den Berechtigten in beiderseits widerruflicher Weise Jahres-Aversa zu vereinbaren, welche an die Stelle der im Artikel 8 bezeichneten Entschädigung treten.
Neue Portofreiheiten oder Portoermäßigungen,
welche
etwa im
Norddeutschen Bunde auf Grund des §. 10 des Gesetzes vom 5. Juni
1869 eingeführt werden, kommen in dem nicht zum Bunde
gehörigen Theilen des Großherzogthums analog zur Anwendung.
Artikel
11.
Der gegenwätige Vertrag erlischt, falls das Gesetz
vom 5.
Juni
1869 aufgehoben oder abgeändert werden sollte. In diesem Falle
bleibt eine anderweite Vereinbarung zwischen der Großherzoglich
Hessischen Regierung und dem Präsidium des Norddeutschen Bundes
über die Behandlung des Portofreiheitswesens in dem nicht zum
Norddeutschen Bunde gehörigen Theile des Großherzogthums
Hessen vorbehalten. Sollte eine solche Vereinbarung nicht ertheilt
werden, so tritt der am 31. December 1869 gültige Zustand in
Betreff der Portofreiheiten in jenem Theile des Großherzogthums
wieder in Kraft.
Urkundlich ist dieser Vertrag in zwei gleichlautenden Exemplaren ausgefertigt und von den Eingangs genannten Commissarien unterzeichnet und besiegelt worden. Berlin, den 7. December 1869. (gez) Karl Hofmann, Otto Dambach. |