Portofreiheit im Großherzogtum Hessen zur Zeit der Thurn und Taxis Postverwaltung 

Im Großherzoglich Hessischen Regierungsblatt No. 39 am 31.12.1857
in der Verordnung "das Postwesen in dem Großherzogthum Hessen betreffend" wird in § 6 das "Postfreithum" beschrieben. In der Fassung der Abschrift dieser Verordnung, die von der Arbeitsgemeinschaft Thurn und Taxis 1995 herausgegeben wurde lautet der § 6:

§ 6.

Im Allgemeinen gilt der Grundsatz, daß einzelnen Personen, Vereinen u.s.w. für ihre Privatcorrespondenz keine Portofreiheit zusteht, und es kommt daher das Portofreitum, welches früher Unseren, im §. 13 der Verordnung vom 31. März 1818 unter pos. 4 genannten, Dienern auch als Privatpersonen eingeräumt war, nicht mehr zur Anwendung.

Dagegen bleibt die Uns und den Gliedern Unseres Großherzoglichen Hauses in dem Postlehnsvertrage bedungene Portofreiheit, innerhalb des jeweiligen Umfangs des Fürstlich Thurn und Taxisschen Postverwaltungs-Gebiets, d.h. insoweit die Fürstliche Postkasse das Porto zu beziehen hat, in dem bisherigen vertragsmäßigen Umfange fortbestehen.

Sodann wird die Correspondenz sämmtlicher Mitglieder der Regentenfamilien der Postvereinsstaaten unter sich in dem ganzen Postvereinsgebiete portofrei befördert.

Ferner werden im Gesammt-Postvereinsgebiete gegenseitig (d.h. im Wechselverkehr der einzelnen zum Vereine gehörigen Postgebiete) portofrei (auf der Briefpost) befördert: die Correspondenzen in reinen Staatsdienstangelegenheiten (Officialsachen) von Staats- und anderen öffentlichen Behörden des einen Postgebiets mit solchen Behörden eines andern Postgebiets, wenn sie in der Weise wie es in dem Postbezirke der Aufgabe für die Berechtigung zur Portofreiheit vorgeschrieben ist, als Officialsachen bezeichnet, mit dem Dienstsiegel verschlossen sind und auf der Adresse die absendende Behörde angegeben ist.

Dieses Portofreithum findet sonach Anwendung auf die Dienstcorrespondenz der im Großherzogthum befindlichen Staats- und öffentlichen Behörden des Großherzogthums mit den einem Staate oder Landestheile eines andern Postgebietes angehörigen und in demselben ihren Sitz habenden Staats- und öffentlichen Behörden.

Insoweit die Fürstlich Thurn- und Taxis'sche Postkasse das Porto zu beziehen hat, werden außerdem innerhalb des Fürstlichen Postverwaltungs-Gebiets, sowie für weiter gehende Sendungen portofrei befördert: die Brief- und Akten-Sendungen Unserer sämmtlichen Cabinets-, Hof-, Militär- und Civilbehörden oder an dieselben in herrschaftlichen Dienstangelegenheiten.

Über den Begriff portofreier herrschaftlicher Dienstangelegenheiten, sodann über das, was hinsichtlich der Bezeichnung portofreier Sendungen zu beachten ist, sowie über den Umfang der dienstlichen Portofreiheit und über das Verfahren zur Untersuchung beanstandeter Contrasignaturen werden nähere Bestimmungen vorbehalten.

Dem amtlichen Schriftwechsel in deutschen Bundesangelegenheiten steht innerhalb des Gebiets des deutsch­-österreichischen Postvereins auf der Briefpost die Portofreiheit bis zum Gewichte von einem Pfund für jedes Packet zu, insoferne die Sendungen zwischen öffentlichen Behörden stattfinden, mit amtlichem Siegel verschlossen und mit der durch die Unterschrift eines Beamten beglaubigten Bezeichnung versehen sind: "Deutsche Bundesangelegenheiten".

Dieses Portofreithum erstreckt sich auf die Dienstcorrespondenz der Bundesversammlung, der Bundeskanzlei, der verschiedenen Bundescommisionen und Ausschüsse, der Militärbehörden in den deutschen Bundesfestungen, sowie überhaupt der Commandos jener Militär-Corps, welche sich in einem ändern deutschen Bundesstaate, als welchem sie angehören, befinden, und zwar aller dieser sowohl unter sich, als mit den Behörden und Commando's aller deutschen Postgebiete. Die Correspondenz der Bundestagsgesandten ist jedoch nicht portofrei, insofern derselben nicht auf Grund einer anderen Bestimmung ein Portofreithum zusteht.

Die dienstlichen Correspondenzen der Postbehörden unter sich und an Privatpersonen, ferner die amtlichen Laufschreiben der Postanstalten unter sich werden portofrei befördert.

Die aus dem betreffenden Heimathlande abgesendeten Briefe an die im Aktiven Dienste stehenden, zu Bundeszwecken außerhalb ihres Heimathlandes dislocirten Soldaten vom Feldwebel abwärts werden im Wechselverkehr der Vereinsstaaten portofrei befördert. Dieses Portofreithum findet in demselben Umfange und unter den gleichen Bedingungen Anwendung auch auf Briefe, welche an solche Militärpersonen abgesandt werden, die, wie Combagnie-Chirurgen, Büchsenmacher, Feldbäcker etc. den Soldaten vom Feldwebel abwärts im Range gleichstehen, ohne zu den eigentlichen Combattanten zu gehören.

Die von den Soldaten abgesandten Briefe unterliegen der gewöhnlichen Portozahlung.

Bei allen portofreien Sendungen ist das für dieselben zu entrichtende fremde Porto und Transitporto zu vergüten. Für die von Porto befreiten Briefpost-Sendungen kommt für die Beförderung innerhalb des Postvereins-Gebiets die für portopflichtige Briefe gegenseitig zu vergütende gewöhnliche Transitgebühr nicht in Ansatz.