Auszug aus

 

Gesetz über das Postwesen des Deutschen Reichs.

Vom 28. October 1871.

(zitiert aus Amtsblatt der Deutschen Reichs-Postverwaltung No. 50/1871, Seite 467ff,

General-Verf. No. 121. vom 2. November 1871 )

 

Abschnit I.

Grundsätzliche Rechte und Pflichten der Post.

§. 1.

Die Beförderung

1. aller versiegelten, zugenähten oder sonst verschlossenen Briefe,

2. aller Zeitungen politischen Inhalts, welche öfter als einmal wöchentlich erscheinen,

gegen Bezahlung von Orten mit einer Postanstalt nach anderen Orten mit einer Postanstalt des In- oder Auslandes auf andere Weise, als durch die Post, ist verboten. Hinsichtlich der politischen Zeitungen erstreckt dieses Verbot sich nicht auf den zweimeiligen Umkreis ihres Ursprungsortes.

Wenn Briefe und Zeitungen (Nr. 1 und 2) vom Auslande eingehen und nach inländischenOrten mit einer Postanstalt bestimmt sind, oder durch das Gebiet des Deutschen Reichs transitiren sollen, so müssen sie bei der nächsten inländischen Postanstalt zur Weiterbeförderung eingeliefert werden.

Unverschlossene Briefe, welche in versiegelten, zugenähten oder sonst verschlossenen Packeten befördert werden, sind den verschlossenen Briefen gleich zu achten. Es ist jedoch gestattet, versiegelten, zugenähten oder sonst verschlossenen Packeten, welche auf andere Weise, als durch die Post befördert werden, solche unverschlossenen Briefe, Facturen, Preiscourante, Rechnungen und ähnliche Schriftstücke beizufügen, welche den Inhalt des Packets betreffen.

 

§. 2.

Die Beförderung von Briefen und politischen Zeitungen (§ 1.) gegen Bezahlung durch expresse Boten oder Fuhren ist gestattet. Doch darf ein solcher Expresser nur von Einem Absender abgeschickt sein, und dem Postzwange unterliegende Gegenstände weder von Anderen mitnehmen, noch für Andere zurückbringen.

 

§. 3.

Die Annahme und Beförderung von Postsendungen darf von der Post nicht verweigert werden, sofern die Bestimmungen dieses Gesetzes und des Reglements (§ 50.) beobachtet sind. Auch darf keine im Gebiete des Deutschen Reichs erscheinende politische Zeitung vom Postdebit ausgeschlossen und ebensowenig darf bei der Normirung der Provision, welche für die Beförderung und Debitirung der im Gebiete des Deutschen Reichs erscheinenden Zeitungen zu erheben ist, nach verschiedenen Grundsätzen verfahren werden. Die Post besorgt die Annahme der Pränumeration auf die Zeitungen, sowie den gesammten Debit derselben.

 

§. 4.

Bestimmungen zu den Eisenbahn-Unternehmungen. 20.12.1875 ersetzt durch das Eisenbahn-Postgesetz.

 

§. 5.

Das Briefgeheimniß ist unverletzlich. Die bei strafgerichtlichen Untersuchungen und in Concurs- und civilprozessualischen Fällen nothwendigen Ausnahmen sind durch ein Reichsgesetz festzustellen. Bis zu dem Erlaß eines Reichsgesetzes werden jene Ausnahmen durch die Landesgesetze bestimmt.

 

Abschnitt II.

Garantie.

§§. 6. - 15.

 

Abschnitt III.

Besondere Vorrechte der Posten.

§§. 16. – 26.

 

Abschnitt IV.

Strafbestimmungen bei Post- und Porto-Defraudationen.

§§. 27. – 33.

 

Abschnitt V.

Strafverfahren bei Post- und Porto-Defraudationen.

§§. 34 – 46.

 

Abschnitt VI.

Allgemeine Bestimmungen.

 

§. 47.

Was ein Briefträger oder Postbote über die von ihm geschehene Bestellung auf seinen Diensteid anzeigt, ist so lange für wahr und richtig anzunehmen, bis das Gegentheil überzeugend nachgewiesen ist.

 

§. 48.

Die Postverwaltung ist für die richtige Bestellung nicht verantwortlich, wenn der Adressat erklärt hat, die an ihn eingehenden Postsendungen selbst abzuholen oder abholen zu lassen. Auch liegt in diesem Falle der Postanstalt eine Prüfung der Legitimation desjenigen, welcher sich zur Abholung meldet, nicht ob, sofern nicht auf den Antrag des Adressaten zwischen diesem und der Postanstalt ein desfallsiges besonderes Abkommen getroffen ist.

 

§. 49.

Die Postverwaltung ist, nachdem sie das Formular zum Ablieferungsscheine dem Adressaten reglementsgemäß hat ausliefern lassen, nicht verpflichtet, die Aechtheit der Unterschrift und des etwa hinzugefügten Siegels unter dem mit Namen des Empfangsberechtigten unterschriebenen und beziehungsweise untersiegelten Ablieferungsscheine zu untersuchen. Ebensowenig braucht sie die Legitimation desjenigen zu prüfen, welcher unter Vorlegung des vollzogenen Ablieferungsscheines, oder bei Packeten ohne Werthangabe unter Vorlegung des reglementsmäßig ausgelieferten Begleitbriefes, die Aushändigung der Sendung verlangt.

 

§. 50.

Durch ein von dem Reichskanzler zu erlassendes Reglement, welches mittels der für die Publication amtlicher Bekanntmachungen bestimmten Blätter zu veröffentlichen ist, werden die weiteren bei Benutzung der Postanstalt zu beobachtenden Vorschriften getroffen.

Diese Vorschriften gelten als Bestandtheil des Vertrages zwischen der Postanstalt und dem Absender, beziehungsweise Reisenden.

Das Reglement hat zu enthalten:

1) die Bedingungen für die Annahme aller behufs der Beförderung durch die Post eingelieferten Gegenstände;

2) das Maximalgewicht der Briefe und Packete;

3) die Bedingungen der Rückforderung von Seite des Absenders und die Vorschriften über die Behandlung unbestellbarer Sendungen;

4) die Bestimmungen wegen schließlicher Verfügung über die unanbringlichen Sendungen;

5) die Bezeichnung der für die Beförderung durch die Post unzulässigen Gegenstände;

6) die Gebühren für Postanweisungen, Vorschußsendungen und sonstige Geldübermittelungen durch die Post, für Sendungen von Drucksachen, Waarenproben und Mustern, Correspondenzkarten, recommandirte Sendungen, für Zustellung von Sendungen mit Behändigungsscheinen, für Laufschreiben wegen Postsendungen und Überweisung der Zeitungen;

7) Anordnungen über die Art der Bestellung der durch die Post beförderten Gegenstände und die hierfür zu erhebenden Gebühren, insbesondere die Gebühren für die Bestellung der Expreßsendungen, der Stadtbriefe und Pakete, der Werthsendungen, ferner die Vorschriften über Estafettenbeförderung;

8) die Bedingungen für die Beförderung der Reisenden mit den ordentlichen Posten oder mit Extrapost, die Bestimmung des Personengeldes und der Gebühr für Beförderung von Passagiergut;

9) die näheren Anordnungen über Contirung und Creditirung von Porto, sowie die dafür zu entrichtenden Gebühren;

10) Anordnungen zur Aufrechthaltung der Ordnung, der Sicherheit und des Anstandes auf den Posten, in den Postlocalen und Passagierstuben.

Die unter Ziffer 2, 4 und 6 bezeichneten Anordnungen unterliegen der Beschlußfassung des Bundesrathes.

Für den inneren Postverkehr der Königreiche Bayern und Württemberg werden die reglementairen Anordnungen von den zuständigen Behörden dieser Staaten erlassen.

 

§. 51.

Alle bisherigen allgemeinen und besonderen Bestimmungen über Gegenstände, worüber das gegenwärtige Gesetz verfügt, soweit jene Bestimmungen nicht auf den mit dem Auslande abgeschlossenen Staatsverträgen oder Conventionen beruhen, werden hierdurch aufgehoben.

 

§. 52.

Das gegenwärtige Gesetz tritt mit dem 1. Januar 1872 in Kraft.

 

Berlin, den 28. October 1871.