Post-Behändigungsschein  1878

             

Dieses gut erhaltene vielfach gefaltete Formular für einen Behändigungsschein war offensichtlich lange Zeit ungefaltet in einem Ordner  abgeheftet, wie man an den stärker vergilbten Außenrändern deutlich sehen kann. Einige Faltungen sind - wie wir sehen werden - durch die Hin- und Rücksendung mit der Post entstanden, der Rest offenbar durch unsachgemäße Behandlung der Vorbesitzer.

Das Blatt wurde zweifach gefaltet an den zuzustellenden Brief geheftet (die beiden Heftlöcher passen übereinander ) und so von Herne an das Postamt Aachen 1 gesandt:

              

und kam am 25. 6. in Aachen an.

Die Behändigung erfolgte in folgender Form:

          

Der Text der Anschrift - vom Absender ausgefüllt - lautet:
Das Schreiben der Gewerkschaft des Steinkohlenbergwerks Friedrich der Grosse in Herne gerichtet an C. Waldthausen zu Aachen enthaltend Einladung zur Gewerkenversammlung am 10. Juli 1878 habe ich empfangen.

          

Die Unterschrift des Empfängers lautet:
Aachen
, den 25 Juni 187 8 (Name) Frau Carl Waldthausen für Herrn Carl Waldthausen Erben.

          

Der Briefträger bestätigt:
Nachdem ich mich in d ie *) Wohnung des Empfängers (Adressaten) begeben, habe ich das obenbezeichnete Schreiben daselbst, da ich den Empfänger **) nicht persönlich angetroffen ***), aber Frau C. Waldhausen welche die Weiter Beförderung versprach am 25 Juni 187 8 9 Uhr v Mittags richtig behändigt, welches ich bescheinige. Aachen, den 25 Juni 187 8 (Name) <Unterschrift> vereideter Briefträger

Üblich ist die Hinzufügung des Postamtssiegels, ungewöhnlich hingegen die Zuschrift eines Postbeamten:
Gesehen Postamt 1: <Unterschrift> 25/6

            

Es folgen am unteren Rand die üblichen Erläuterungen für den Briefträger. Die Formular-Bezeichnung C. 87. zeigt, dass dieses Formular ein direkter Vorgänger der späteren Formulare C. 87a - e war. Es ist offenbar für den Gebrauch durch Privatpersonen und nicht gerichtliche Behörden gedacht.

Die Rücksendung des Behändigungsscheins an die vom Absender vorbereitete Adresse erfolgte in der wie ein Faltbrief gefalteten Form

                  

mit Stempel AACHEN * 1 b 25 6 78 11-12V. und trifft am nachfolgenden Tag in Herne ein, wie der Stempel
HERNE 26 6 78 2-3N auf der Rückseite ausweist.

Die Vorschriften besagen, dass die Gebühren vollständig entweder vom Absender oder vom Empfänger zu zahlen sind. Dabei ist - wenn der Absender die Gebühren trägt - zunächst nur das Porto für den Brief zu entrichten und der Brief zu frankieren. In diesem Fall wären dann für den Rückweg 30 Pfennig zu taxieren, 20 Pf. für die private Behändigung und 10 Pfennig für das Rückporto.
Im anderen Fall hätte der Absender die Gebühren zu bezahlen, dann wäre aber eine Taxierung des Behändigungsscheins nicht korrekt.
Die Lösung ist in diesem Fall nachweisbar, wie eine genaue Betrachtung der aufgeklebten Marke zeigt.

            

Die Marke (33a-01 karminrosa) ist am unteren Rand  umgeknickt und in dieser geknickten Form  gestempelt worden. Sowohl ein Zacken des Sterns  als auch der Kopf der 1 aus der 12 der Uhrzeitgruppe sind auf die Rückseite der Marke geraten. Dieser Knick ist bei der ersten Faltung des Formulars durch den Absender entstanden. Der Absender hat also den Behändigungsschein schon vor der Abgabe bei der Post mit einer Marke versehen. Er war offenbar überzeugt, dass die Behändigung erfolgreich sein würde oder er wusste es nicht besser.

Das Ergebnis war jedenfalls, dass das Aachener Postamt nur noch die Zustellungsgebühr von 20 Pfg. zu taxieren hatte.