Kommentar zu Äußerungen von Dr. Penning, BPP, über Farben

Erkenntnisse - Lösungen - Kommentar

Aus Philatelie Nr. 349, Juli 2006, Seite 39 und 40:      

Dr. Hans-Karl Penning, Vorsitzender des Prüferbundes, zum Thema Farben (Seite 39)

Das Thema Farben beschäftigte den BPP im Laufe des letzten Jahres fast bis zum Überdruss. Die dabei gewonnenen Erkenntnisse kann man kurz zusammenfassen:

a) Farben sind genauso gefährdet wie alte Denkmäler! Sie verändern sich durch

- Lichteinwirkung
- natürliche Alterung
- Wasser (wie oft und wie lange war eine Marke drin)
- Papierveränderung
- Lagerbedingungen (z.B. Folienproblem) usw.

b) Wir prüfen keine Farben, wir bestimmen sie. Wenn Sie jetzt bedenken, wodurch sich Farben ändern können, wie weit sollte man dann bei der Bestimmung in die Tiefe gehen?

Die unmöglichen Bedingungen bei Briefmarkenausstellungen, die aber die Herren Funktionäre und leider auch viele Sammler nicht sehen wollen, werden bei diesem Material, wenn dieser Irrsinn so weiter geht, eine Farbbestimmung sowieso überflüssig machen. Ich habe zum Ausstellungswesen beim Consilium Philatelicum ganz klare Vorschläge gemacht, die aber bei Leuten, die den Besitz eines PC als Vision bezeichnen, kaum auf Resonanz stoßen dürften.

c) Farbe existiert nur bei Licht. Bei welchem Licht sind in der Vergangenheit die Farben, die meist noch heute in den Katalogen verzeichnet sind, bestimmt worden?

d) Es gibt technische Mittel, bisherige Farbbestimmungen zu überprüfen. Das kann in einer Reihe von Fällen zu völlig anderen Ergebnissen führen. Wie geht man dann damit um?

e) Wo setzen wir die Grenzen bei der Differenzierung der Farben? Abschreckendes Beispiel ist für mich Mi.-Nr. 934 Alliierter Kontrollrat auf S. 91 im Band 2 des neuesten Michel Deutschland-Spezial-Katalog. Da gibt es mittlerweile nicht nur sechs Farben, sondern in Klammem dahinter gesetzt ist noch verzeichnet, wie die Farben unter UV-Licht aussehen. Dabei fehlt bloß noch die Angabe der Wellenlänge des UV-Lichts.

f) Auch zwei als völlig normalsichtig geltende Menschen sehen Farben im sog. Grenzbereich unterschiedlich. Das ist solange nicht sehr bedenklich, als die Preisunterschiede in den Katalogen hierfür nicht sehr unterschiedlich sind. Abschreckendes Beispiel ist für mich z.B. DR Mi.-Nr. 112a und 112b. Während erstere gestempelt mit 4,00 Euro bewertet ist, ist letztere mit 12.000 Euro verzeichnet.

Dr. Hans-Karl Penning zu einer Lösung für die Zukunft aus seiner Sicht (Seite 40)

Wie kann eine Lösung des Farbproblems aussehen? Man könnte festlegen, dass für ein Gebiet nur jeweils ein Farbbestimmer benannt wird. Das hatten wir früher schon einmal, und das wurde auch deswegen abgeschafft, weil ein solcher Bestimmer bei manchen Gebieten wahrscheinlich Bearbeitungszeiten von drei oder mehr Jahren benötigen würde.

Ich sehe derzeit nur folgende Lösungsmöglichkeit:

- Einebnung der Preisunterschiede für die verschiedenen Farben in den Katalogen.
- Reduzierung der immer weiter fortgeschrittenen Differenzierung bei der Farbbestimmung. Dies ist meiner Meinung nach schon aus Haftungsgründen unumgänglich.
- Verlagerung der superdifferenzierten Farbbestimmung auf die Arbeitsgemeinschaften, die dies ja zum Teil schon tun.

Kommentar

 Dieser Kommentar kann von mir nur aus der Sicht eines Farbensammlers mit dem Sammelgebiet Deutsches Reich 1875-1900 geschehen. Diese Sicht ist sicher eingeschränkt, das Farbenproblem trifft dieses Sammelgebiet jedoch in vollem Umfang. Zu der Zusammenfassung der Diskussion im BPP wäre auch viel zu sagen, aber um es kurz zu machen, beschränke ich mich auf die "Lösungen". Dr. Penning hat drei Vorschläge genannt, die einer etwas genaueren Betrachtung leider nicht standhalten.

1. Einebnung der Preisunterschiede für die verschiedenen Farben in den Katalogen.

Wie soll das geschehen: Katalogpreise entstehen durch Marktbeobachtung. Die große Menge der Sammler müsste überzeugt werden, dass sie seit 40 Jahren einer Fata Morgana hinterherlaufen. Dies ist zumindest für mein Sammelgebiet nicht der Fall. Es gibt alle im Michel Deutschland Spezial beschriebenen Varianten. Man kann eindeutig typische Exemplare klar identifizieren mit Hilfe von Farbe, UV-Farbe, Stempeldatum und weiteren eindeutigen Kennzeichen, hauptsächlich dem Farbauftrag. Es gibt mehrere sehr seltene Varianten, deren hohe Preise gerechtfertigt sind und auch heute noch gezahlt werden. Marken einiger Varianten steigen sogar noch in ihrem Wert, teilweise auch wegen strikterer Bestimmung durch die Prüfer. Es war schon immer der Ehrgeiz von Sammlern Seltenes zu besitzen. Dies sollte man Briefmarkensammlern nicht verwehren.

Fazit : Es ist nicht die Aufgabe von Prüfern, dieses berechtigte Sammeln  zu beseitigen sondern es zu ermöglichen.

2. Reduzierung der immer weiter fortgeschrittenen Differenzierung bei der Farbbestimmung. Dies ist meiner Meinung nach schon aus Haftungsgründen unumgänglich.

Man kann Erkenntnisse über die Vielfalt der auftretenden Marken nicht unter den  Tisch kehren, sondern muss sie kategorisieren und Fehler aus der Vergangenheit beseitigen. Es ist schon etwas schizophren, wenn einerseits der Vorsitzende der Prüferzunft eine Reduzierung der Differenzierung fordert und gleichzeitig - von Prüfern erarbeitet - ein Handbuch über das Gebiet Pfennig-Marken (1880) herauskommt, in dem in diesem  Gebiet weit über den Michel Deutschland Spezial Band 1 hinaus Farben weiter differenziert werden. Dies zeigt doch, dass die Vielfalt sehr wohl bestimmbar ist. Dabei werden selbstverständlich Ungenauigkeiten aus der Vergangenheit eliminiert.

Das Haftungsproblem kann hier nicht mehr herhalten, seit die Prüfordnung entsprechend geändert worden ist. Hier wird noch aus der Vergangenheit heraus argumentiert - oder man hat noch nicht präzise genug an den Formulierungen gearbeitet. Jedenfalls muss jetzt jeder Sammler wissen, dass die Bestimmung der Farben durch die Prüfer eine Meinungsäußerung ist und keine Zusicherung im rechtlichen Sinne.

Fazit: Es ist die Aufgabe von Prüfern präzise zu arbeiten und zu ihren Entscheidungen zu stehen. Dazu gehört auch, nicht beurteilbare Marken - und die gibt es reichlich - zurückzuweisen.

3. Verlagerung der superdifferenzierten Farbbestimmung auf die Arbeitsgemeinschaften, die dies ja zum Teil schon tun.

Die Arbeitsgemeinschaft Pfennig(e) hat 1984 ein Pfennige-Handbuch-Katalog erarbeitet, in dem eine sehr viel weitergehende Farb-Aufteilung vorgenommen wurde  und  sie hat auch noch das bisher nicht wiederholte Kunststück fertig gebracht, treffende farbige Abbildungen dazu zu veröffentlichen. Die Sammler haben dies aufgenommen und die Prüfer haben  entsprechende  Signaturen auf den Marken angebracht. Diese  speziell gekennzeichneten Farben wurden auf Auktionen und z. B. bei ebay lebhaft gehandelt. Das Problem  der Bestimmung blieb also bei den Prüfern. Es würde sich extrem verschärfen. wenn in den Arbeitsgemeinschaften  andere weniger qualifizierte Personen diese Prüfung übernehmen würden.

Fazit: Damit wird das Problem nur verlagert und verschlimmert, nicht aber  beseitigt.

Wo ist das Kernproblem, das Dr. Penning mit seinen groben Lösungsvorschlägen vernebelt?

Es gibt zwischen den verschiedenen eindeutig erkennbaren Varianten Zwischentöne, bei denen eine Entscheidung schwer fällt. Wer sagt denn, dass jede Briefmarke (in meinem Sammelgebiet: vergilbt, ohne erkennbares Datum, mit einem Zwischenfarbton und ohne signifikantes Farbauftragsmuster) von einem Prüfer bestimmt werden muss. Warum können Prüfer ihren Einlieferern nicht einfach z. B.  bestätigen: Ich halte die Marke für echt, mäßig erhalten aber nicht typisch für eine Variante. Dies könnte z. B. auch signiert werden als Grenzfall  oder auch durch ein besonderes Symbol. Das Ziel muss sein: Nur eindeutig bestimmbare Varianten dürfen als solche auch gekennzeichnet werden. Kein Sammler sollte es einem Prüfer übel nehmen dürfen, wenn dieser entscheidet: Diese Marke ist nicht bestimmbar, das kann sowohl diese als auch jene Variante sein. Natürlich muss der Einlieferer auch für diese Entscheidung bezahlen. Keine Entscheidung ist auf alle Fälle besser als eine falsche.

Im Übrigen wird in meinem Sammelgebiet schon seit Jahren so verfahren. Ärgerlich sind nur die Altprüfungen, die dem nicht entsprechen. Hier sollte man den Mut haben und sagen: Altprüfungen gelten nicht für die Farbbestimmung (im Übrigen auch nicht für die Erhaltung: Die Anforderungen sind hier erheblich angestiegen!). Dazu ist es aber notwendig, dass jeder das Alter einer Farbbestimmung und Prüfung feststellen kann. Ich plädiere daher  für eine Jahreskennzeichnung der  Prüfsignaturen. Hätte man dies schon früher gemacht, so wäre das Problem der Altprüfungen schon lange erledigt. Wer akzeptiert heute beim Kauf einer  wertvollen Marke noch ein Attest, das vor 30 Jahren ausgestellt wurde? Hoffentlich keiner. Warum soll man das also bei einfacheren Marken akzeptieren? Vorschlag: Jedes Jahr erhält einen Kennbuchstaben der hinter das Signum des Prüfers gesetzt wird und alle 26 Jahre muss sich der Prüfer einen neuen Prüfstempel machen lassen. Eine andere Lösung wäre: generell einen datierten Kurzbefund mit Abbild der Marke  herzustellen.  Dieses dürfte  mit einer  PC-Ausrüstung keine  zeitaufwendige  Angelegenheit sein. Fälschungen  könnten dadurch erschwert werden, dass die  Originale der Kurzbefunde in einer zentralen für alle zugänglichen Datenbank gespeichert werden.

Das Restproblem (Kompetenz, Tagesform, Erwartungen von Großkunden) ist nicht in den Griff zu kriegen und mit dem sollten wir alle leben. Hier besteht die gleiche Unsicherheit wie bei der Lage des Prüfzeichens und keiner glaube, das Problem sei kleiner, weil hier  a oder b dort x-zehntel Millimeter höher oder niedriger zu entscheiden ist. Im Gegenteil bei einer kontinuierlichen Bewertungsskala ist das Risiko einer nicht zutreffenden Signierung noch größer - es ist nur weniger nachprüfbar. Wer will sich schon mit einem Mikrometermaß und der Bewertung von Zahnhöhen, Vergilbungen und Fenstern lächerlich machen.

Ein weitere Maßnahme von Prüfern kann das Problem entschärfen und das Problembewusstsein bei den Sammlern erhöhen:

1. Handwerkszeug
Die Experten sollten sich auf das Handwerkszeug einigen, das es einem engagierten Sammler ermöglicht, sich selbst ein 'vorläufiges' Urteil zu bilden.
Dazu gehört in meinem Sammelgebiet:

- die Beleuchtungsart z. B. Kunstlicht Tagesleuchtröhre Typ 950
- die Festlegung der UV-Frequenz
- die Stärke der Vergrößerung einer Lupe um andere Merkmale zu erkennen

Alles unter Nennung von Bezugsquellen für besonders geeignete und bezahlbare Geräte.

2. Varianten
Die Prüfer sollten eine Beschreibung aller Varianten des Sammelgebietes, für das sie verantwortlich sind, erstellen. Dabei (in meinem Sammelgebiet) ist die Farbe, UV-Farbe, Verwendungszeit mit Frühdatum und die Hauptkriterien des typischen Farbauftrages und im Einzelfall weitere Kriterien zu nennen. Bei den Farben sind gegebenenfalls mehrere Farben des Farbenführers zu nennen, zwischen denen die Farben der Marken liegen.
Hinzu kommen Betrachtungen über die verwendeten Papiere und deren häufigste Veränderungen sowie deren Einfluss auf die Farbwirkung. Diese Beschreibungen sind umfangreicher als in einem Katalog, sie müssen aber bei weitem nicht so ausführlich sein wie bei einem Handbuch.

Beides im Internet zu veröffentlichen sollte Aufgabe der jeweiligen Arbeitsgemeinschaften sein. Das Internet bietet die Möglichkeit, jederzeit mit sehr geringem Aufwand Aktualisierungen vorzunehmen und kostet pro Jahr nur wenige Euro und es findet sich sicher jemand, der dies übernimmt. Bestimmen, beschreiben  und veröffentlichen muss ja nicht in einer Hand liegen, aber die Prüfer müssen für den Inhalt der Veröffentlichung gerade stehen, denn wer nicht berichten kann, was er tut, weiß auch nicht, was er tut!

Fazit: Dr. Penning schüttet das Kind mit dem Bade aus. Etwas mehr Augenmaß wäre hier dienlicher!