Postanweisungen 1872 - 1899

Bestimmungen - Formulare - Beispiele - Girokonten - Internationale Postanweisungen

Bestimmungen
Die Reichspost gab ihren Kunden die Möglichkeit, Geldbeträge per Post zu versenden.
!872 wurde der Höchstbetrag auf 50 Thaler  bzw. auf die entsprechende Guldensumme ( 87 ½ ) festgesetzt. Dieser Höchstbetrag wurde mit Übergang auf die Markwährung 1875 auf 300 Mark und danach zum 1.4.1879 auf 400 Mark und zum 1.1.1899 auf 800 Mark erhöht.

Die Gebühren betrugen 1872 zunächst bei Geldsummen bis 25 Thaler 2 Silbergroschen darüber 4 Silbergroschen, im Guldengebiet entsprechend 7 bzw. 14 Kreuzer.
Solange es noch keine einheitliche Währung im Reichspostgebiet gab, war es notwendig, bei Geldsendungen in andere Währungsgebiete die Beträge jeweils umzurechnen. Dabei waren nicht nur Thaler und Gulden zu beachten sondern auch Silbergroschen und Schillinge (Mecklenburg) und die Umrechnung von 12 Pfennigen pro Groschen in 10 Pfennige pro Groschen (Neugroschen). Für Mecklenburg, das übrige Thaler-Gebiet und das Gulden-Gebiet gab es jeweils unterschiedliche Formulare. Das Formular für Mecklenburg durfte nur für den internen Bereich der OPD Schwerin benutzt werden.

Ab 1875 waren die Gebühren zunächst in drei Gruppen gestaffelt: Beträge bis 100 Mark kosteten 20 Pf., bis 200 Mark 30 Pf. und bis 300 Mark, ab 1879 bis 400 Mark 40 Pf. Zum 1.1.1899 wurde dann ein extra Tarif für Kleinbeträge bis 5 Mark für 10 Pf. eingeführt und für die hohen Beträge bis 600 Mark waren 50 Pf. und bis 800 Mark 60 Pf. zu zahlen.

Die Beträge waren am Postschalter einzuzahlen und dafür wurden bis Juni 1880 frankierte Formulare, danach auch Formulare mit eingedrucktem Wert ausgegeben, die vom Absender auszufüllen waren. Diese Formulare waren unentgeltlich; nicht frankierte Formulare konnten in größeren Anzahlen für einen geringen Preis erworben werden. Auf diesen konnten dann der Adressteil und der Empfangsabschnitt per Druck ergänzt werden.

Der Empfänger erhielt zunächst nur das Formular per Postboten und konnte das Geld dann beim Postamt gegen Quittung auf der Rückseite des Formulars erhalten. Der Empfänger hatte 14 Tage Zeit, den Geldbetrag abzuholen. Der Empfängerabschnitt konnte abgetrennt werden und wurde dem Empfänger ausgehändigt. Der Stammteil verblieb bei dem Postamt.

Formulare
Jedes Formular enthielt einen Bereich für Postvermerke am unteren Rand des Stammteils. Hier war vom annehmenden Postbeamten folgendes einzutragen:
Unter Littr: ein Buchstabe A, wenn die Geldsendung nach außerhalb des eigenen OPD-Bezirks gesandt wurde, und B sonst, dann die laufende Nr. im Eingangsbuch, der Name des OPD-Bezirks, der Aufgabeort, das Datum und seine Unterschrift.
Die Unterscheidung zwischen A und B wurde 1880 mit der Ausgabe der Ganzsachen aufgegeben. Zusätzlich musste der zu überweisende Betrag noch einmal wiederholt werden.  Die Ausfüllung des Bereichs für Postvermerke hatte zunächst ausschließlich von Hand mit Tinte zu erfolgen. Ab 1893 wurde die handschriftliche Angabe von OPD-Bezirk und Aufgabeort abgelöst durch einen Stempel, der die Nummer des OPD-Bezirks (in alphabetischer Reihenfolge) und den Namen des Postortes (ggf. mit Postamtsnummer) enthielt.
Auf der Rückseite der Formulare war Platz für die Unterschrift des Empfängers mit Datum und Ort, sowie für den Ankunftsstempel und die Nummer im Eigangsbuch des Empfägerpostamts.
Ab Sept. 1899 wurde der Bereich für Postvermerke noch einmal wesentlich geändert: Die Wiederholung des Betrages wurde weggelassen und der Ankunftsstempel und die Nummer im Eingangsbuch wurde auf der Adressseite angebracht.

Die ersten Formulare der Reichspost hatten noch das Format (173 x 126 mm) und die Form der NDP-Formulare mit neuer Überschrift "Deutsches Reichs-Post-Gebiet":

                         

Dieses Formular war für den Gulden-Bereich gedacht. Die nachfolgenden Formulare waren etwas kleiner (160 x 108 mm):

                         

Vorderseite eines frankierten Formulars für den Thaler-Bereich. Der Aufgabestempel befindet sich noch auf dem Stammteil.

                           

Die zugehörige Rückseite enthält den Platz für die Quittung des Empfängers und Stempel und Ankunftsbuchnummer des Empfänger-Postamtes.

Ab 1880 wurden bis 1899 11 mal Postanweisungsformulare als Ganzsachen mit eingedrucktem 20 Pf. Wert  in Blaudruck auf rosa Karton ausgegeben - jeweils in Teilauflagen noch mit geringen Unterschieden. Die Details sind im Michel-Ganzsachenkatalog nachzulesen. 1899 kam noch ein Formular mit einem 10 Pf. Wert in Rotdruck hinzu.


                         

Die erste Ganzsache von 1880 mit der neuen Aufteilung des Postvermerks, dem Aufgabestempel auf dem Abschnitt und Platz für eine zusätzliche Marke für Beträge von mehr als 200 Mark. Die Rückseite war inhaltlich gleich wie bei dem vorangehenden Formular.

                          

Die Ganzache ab Sept. 1899 hat einen veränderten Postvermerksteil. Der Betrag wird nicht mehr wiederholt, Bezirk und Postort werden durch einen Stempel angegeben und zusätzlich sind Ankunftsnummer und -stempel auf die Vorderseite gerückt. Auf der Rückseite wird nur noch die Unterschrift des Empfängers eingetragen. 
       
Beispiele

1. 1874:

   

Postanweisung über 48 Thaler 29 Gr. 4 Pf. am 25.9.1874 von Gollub, OPD Danzig,  nach Eisenach, OPD Erfurt. Im Postvermerk wurde daher unter Littr. ein A vermerkt. Da der Betrag über 25 Thaler lag, wurden 2 Marken a 2 Gr. (gr. Schild) verklebt. Der Betrag wurde am 27.9.1874 vom Empfänger persönlich im Postamt Eisenach Bahnhof in Empfang genommen (s. Bleistiftnotiz 'selbst' auf der Rückseite).

2. 1891:

     

Diese Postanweisung ist in mehrerer Hinsich bemerkenswert:
1. Nur etwa 4% der Postanweisungen wurden mit einem Betrag über 300 Mark versandt.
2. In diesem Fall wurde 1890 schon das neue Formular benutzt, aber noch eine Marke der alten Serie verwendet, so dass eine seltene Ganzsachenmischfrankatur entstanden  ist.
3. Nur selten kommen noch Postanweisungen vor, die von einer Postagentur aufgenommen wurden. Wie der Stempel auf der Rückseite ausweist, wurde diese Postanweisung am 9.2.1890 zwischen 4 und 5 Uhr nachmitags in Grosslaasch entgegengenommen und die Numer 15 im Ankunftsbuch vermerkt.  Postagenturen war es nicht gestattet, Postanweisungen selbständig zu bearbeiten. Daher  wurden der Geldbetrag und das Formular ohne weitere Bearbeitung an die zuständige Abrechnungspostanstalt in Ludwigslust gesandt. Dort kam sie am gleichen Tage zwischen 6 und 7 Uhr abends an.
Die weitere Bearbeitung ist die übliche. Die Anweisung kam einen Tag später in Rostock an und der Geldbetrag wurde noch am gleichen Tag bei der Post abgeholt.

Nach der Verwendung wurden die Stammteile in den Postämtern durch Lochungen oder durch Abschneiden einer Ecke ungültig gemacht, bevor sie gesammelt und dann in bestimmten Abständen vernichtet wurden. Heute vorhandene Exemplare dieser Stammteile sind also nur durch Verletzung der Vorschriften erhalten geblieben.

Weitere Beispiele finden Sie in der allgemeinen Suche nach Belegen unter Sendungsart: Postanweisung

Postanweisungen für Girokonten

                                                   

Bei dieser Postanweisung über 22 Mark von Zwickau nach Leipzig aus dem Jahre 1893 wurde der Betrag dem Empfänger in Leipzig nicht ausgehändigt, sondern seinem Giro-Konto gutgeschrieben. Aufgabepostamt und Nr. des OPD-Bereichs werden hier mit einem Stempel angegeben.


Internationale Postanweisung

Seit 1868 gab es mit anderen Ländern Postverträge, in denen der zweiseitige Postanweisungsverkehr geregelt wurde.  1878 wurde auf dem Weltpostkongress in Paris ein Postanweisungsabkommen getroffen. Die einzelnen Bestimmungen dazu und für die Folgezeit  kann ich hier nicht darstellen. Ein Beispiel für eine Überweisung von 10 Dollar in die USA soll genügen: