Rohrpost Berlin 1876 - 1900
Einführung - Stempel - Beispiele - Merkmale RP2-RP7 Nach ihrer Erprobung durch eine Verbindung zwischen Berliner Börse und dem Haupttelegraphenamt wurde die Rohrpost im Stadtgebiet von Berlin ausgebaut und zum 1.12.1876 für den Postverkehr eröffnet. Die amtliche Bekanntmachung, wie sie im Amts-Blatt der Deutschen Reichs-Post- und Telegraphenverwaltung No. 90 als Verfügung des General-Postmeisters am 1. Dezember 1876 abgedruckt wurde, lautet: (der Text ist in der Rechtschreibung des Originals aufgezeichnet, gesperrt gedruckte Wörter sind unterstrichen) Nachdem
die zur Beförderung von Briefen und Telegrammen mittelst Luftdrucks
bestimmten unterirdischen Rohranlagen in Berlin nunmehr beendet sind,
soll diese Rohrverbindung vom 1. Dezember ab dem Betriebe übergeben
werden. Zur Beförderung mit der Rohrpost werden außer den Telegrammen
auch Briefe und Karten im Stadtpostverkehr zugelassen. Die zur
Versendung mit der Rohrpost bestimmten Briefe müssen so geformt und
beschaffen sein, daß sie in die zur Beförderung dienenden cylindrischen
Briefbehälter eingelegt werden können. Sie dürfen daher in der Länge
12½ Centimeter , in der Breite 8 Centimeter und im Gewicht 10 Gramm
nicht übersteigen und nicht mit Siegellack verschlossen sein; der
Verschluß ist nur mit Gummi, Oblaten u. s. w. herzustellen. Steife oder
zerbrechliche Gegenstände dürfen in Rohrpostbriefen nicht enthalten
sein, da letztere behufs Einlegens in die Briefbehälter gerollt werden
müssen. Zur Benutzung der Rohrpost sind besondere, den Erfordernissen
des Betriebes entsprechende gestempelte Briefumschläge und Postkarten
auf hellrotem Papier hergestellt und bei allen hiesigen Post- bz.
Telegraphenämtern, sowie bei den amtlichen Verkaufsstellen für
Postwerthzeichen zum Betrage des Werthstempels käuflich zu haben. Eine
Verpflichtung zur Verwendung dieser Briefumschläge und Postkarten
besteht zwar nicht; jedoch ist im Interesse des pünklichen Betriebes diese Verwendung dringend zu rathen. Soweit die gestempelten Umschläge
oder Karten für die Rohrpost vom Absender nicht benutzt werden, muß
derselbe die zur Versendung mit der Rohrpost bestimmten Briefe und
Postkarten auf der Vorderseite oben links mit der deutlichen und zu
unterstreichenden Bezeichnung "Rohrpost" versehen. Die Bestellung der
Rohrpostsendungen erfolgt durch Eilboten. Die im Voraus zu entrichtende
Gebühr für die Beförderung und Bestellung der Rohrpostsendungen
beträgt: a) für Briefe 30 Pfennig, b) für Postkarten 25 Pfennig. Soweit
die besonderen gestempelten Umschläge oder Karten nicht verwendet
werden, müssen die mit der Rohrpost zu befördernden Sendungen vom
Absender mit dem zur Darstellung oder Ergänzung des Werthbetrages von
30 bz. 25 Pfennig erforderlichen Postfreimarken beklebt sein.
Unfrankirte bz. ungenügend frankirte oder sonst zur Beförderung mit der
Rohrpost nicht geeignete Sendungen werden wie geöhnliche
Stadtpostsendungen behandelt. Die Beförderung der
Rohrpostsendungen erfolgt täglich in der Zeit zwischen 8 Uhr Vormittags
und 9 Uhr Abends in viertelstündigen Zeiträumen vermittelst der
zwischen den Rohrpostämtern laufenden Rohrpostzüge, und von den
Bestellungsämtern ab durch besondere Boten. Rohrpostsendungen können in
Berlin bei allen Post- bz. Telegraphenämtern eingeliefert, auch in
jeden Postbriefkasten gelegt werden; es empmpfiehlt sich jedoch, falls
an einer beschleunigten Beförderung gelegen ist, die Sendungen bei einem
Rohrpostamte einzuliefern. Die nachbezeichneten Verkehrsanstalten in
Berlin haben Rohrpostverbindung:
a) das Haupt-Telegraphenamt, Französische Straße 33b/c (Rohrpostamt 1);
b) das Postamt 53 in der Seydelstraße 11 (Rohrpostamt 2); c) das Postamt 42 in der Ritterstraße 26 (mit dem Rohrpostamt 3 in der Ritterstraße 7 verbunden); d) das Postamt 13 in der Neuenburger Straße 33 (Rohrpostamt 4); e) das Postamt 41 in der Mauerstraße 69 (Rohrpostamt 5); f) das Telegraphenamt am Potsdamer Thor (Rohrpostamt 6); g) das Telegraphenamt am Brandenburger Thor (Rohrpostamt 7); h) das Postamt 30 in der verlängerten Genthiner Straße 27 (Rohrpostamt 8); i) das Telegraphenamt im Börsengebäude (Rohrpostamt 9); k) das Postamt 24 in der Oranienburger Straße 35/36 (Rohrpostamt 10); l) das Postamt 54 in der Lothringer Straße 61 (Rohrpostamt 11); m) das Postamt 43 in der Neuen Könistraße 70 (Rohrpostamt 12); n) das Hof-Postamt in der Königstraße (Rohrpostamt 13); o) das Postamt 55 in der Invalidenstraße 70a (Rohrpostamt 14); p) das Postamt 27 in der Wallnertheaterstraße 10 (Rohrpostamt 15). In dem Post-Plan von Berlin sind die genannten Rohrpostämter eingezeichnet. Schon wenige Tage später am 26.12.1876 wird in einer weiteren Verfügung der Rohrpostverkehr für Sendungen nach außerhalb Berlins erweitert: Die Rohrpost in Berlin wird
von jetzt ab auch für Briefe und Postkarten, welche nach
Orten außerhalb Berlins gerichtet sind, auf Verlangen der
Absender in der Weise nutzbar gemacht werden, daß die Sendungen
bis zu demjenigen Rohrpostamte, welches dem betreffenden Bahnhofe
zunächst belegen ist, mittelst der Rohrpost befördert und
dann durch besondere Boten unmittelbar den betreffenden Bahnposten
zugeführt werden.Die in solcher Weise zu befördernden Brief
und Postkarten müssen, insofern nicht die die Rohrpost
hergestellten besonderen Briefumschläge bz. Postkarten verwendet
werden, mit einem das Verlangen der Beförderung mit der Rohrpost
ausdrückenden Vermerke versehen sein. Im Uebrigen müssen sie
den für Rohrpostsendungen bestehenden Bestimmungen entsprechen,
insbesondere auch vom Absender außer mit dem gewöhnlichen
Porto noch mit der Gebühr von 30 bz. 25 Pf. für die
Rohrpostbeföderung frankiert werden.
Bei der Bestimmungs-Postanstalt werden die streckenweise mit der Rohrpost beförderten Briefe etc. in Bezug auf die Bestellung und sonstige Behandlung den gewöhnlichen Briefen gleich geachtet. Die etwa daunter befindlichen Eilbriefe sind am Bestimmungsort durch Eilboten zu bestellen. Den Eilbriefzettel hat nicht das Aufgabeamt, sondern die Bahnpost beizufügen. Nur gut zwei Monate später wird der Rohrpostverkehr auch für Sendungen von außerhalb nach Berlin eröffnet. In einer Verfügung vom 3.3.1877 heißt es: Die Rohrpost in Berlin soll
fortan auch für Briefe und Postkarten von außerhalb in der
Weise nutzbar gemacht werden, daß auf Verlangen der Absender die
betreffenden Briefe und Postkarten sofort nach ihrem Eingange in Berlin
mittelst der Rohrpost demjenigen Postamte zugeführt werden, in
dessen Bezirk die Wohnung des Empfängers belegen ist,
wonächst die Bestellung der Sendungen ohne Verzug durch besonderen
Boten erfolgt. Vermittelst der Rohrpost wird gegenwärtig die
schnellste Besorgung der Sendungen innerhalb Berlins erzielt, so
daß deren Benutzung auch der Bestellung durch Eilboten in der
Regel vorzuziehen ist. Die für die Rohrpost bestimmten Sendungen
von außerhalb, welche in Berlin in der Zeit eingehen,
während welcher der Rohrpostdienst ruht, werden den
Empfängern durch Eilboten überbracht. Die mit der Rohrpost zu
befördernden Briefe dürfen in der Länge 12½
Centimeter, in der Breite 8 Centimeter und im Gewicht 10 Gramm nicht
übersteigen. Der Verschluß ist mittels Gummi, Oblate etc. -
nicht mit Siegellack - herzustellen. Steife und zerbrechliche
Gegenstände dürfen in Rohrpostbriefen nicht eingelegt werden.
Die Sendungen sind, falls nicht etwa die für die Rohrpost in
Berlin hergestellten und nur hier verkäuflichen
Briefumschläge bz. Postkarten benutzt werden, auf der Vorderseite
oben links mit der deutlichen und zu unterstreichenden Bezeichnung
"Rohrpost" zu versehen. Außer mit dem gewöhnlichen Porto
müssen die Briefe und Postkarten mit der Gebühr von 30 bz. 25
Pf. für die Rohrpostbeförderung frankiert werden.
Zu diesen Veröffentlichungen am Beginn des Rohrpostdienstes seinen noch folgende Anmerkungen hinzugefügt: 1.) Die Aufstellung der vorhandenen Rohrpostämter in der ersten Verfügung ist nur die Beschreibung der Ausgangssituation. Das Streckennetz der Rohrpost wurde fortlaufend erweitert. 2.) Die Maße von maximal 125 x 80 mm wurden selbst von den extra für den Rohrpostverkehr hergestellten Ganzsachen nicht eingehalten. Während die Briefumschläge mit 128 x 81 (RU1) und 126 x 81 mm (RU2, RU3) dem noch etwa entsprachen, wurde die erste Postkarte RP1 noch im Format 140 x 90 mm hergestellt und erst die folgenden RP2-9 erhielten das kleinere Format von 125 x 88 mm. Es ist auch zu beobachten, dass auffrankierte normale Postkarten im Format 140 x 90 mm häufig unbeanstandet verwendet wurden. 3) Durch die Aufrollung der Sendungen in den Transporthülsen kamen häufig Beförderungsmängel zustande, die jedoch nicht eine Minderung des Wertes darstellen. Insbesondere die dünnen Ganzsachenbriefumschläge werden kaum ohne Knitterung zu finden sein. Stempel Zunächst wurden auch für die Beförderung mit der Rohrpost die normalen Berliner Stempel benutzt und man konnte die tatsächliche Beförderung mit der Rohrpost nur an den kleinen Ankunfts-Ringstempeln mit der Rohrpostamtsnummer erkennen (s. Beispiel 1). Ab 1886 wurden dann spezielle Rohrpoststempel eingeführt, die Datum und genaue Uhrzeit in einer Datumsbrücke angeordnet hatten (s. Beispiel 2 und 3). Im Uhrzeitsegment waren zunächst Römische Ziffern für die Viertelstunden angegeben. Später erfolgte eine Minutenangabe im 10 Minuten-Takt. Ab 1897 wurden dann Gitterstempel eingeführt, bei denen nur noch die Postamtsnummer im unteren Bogen aufgeführt war, die Uhrzeitgruppe auf der Brücke aber ebenfalls mit der Minuten-Angabe (s. Beispiel 4). Beispiele Diese Rohrpostkarte RP2 wurde am 28.5.1881 im Postamt 45 in Berlin C. eingeliefert, von dort per Boten zum nächsten Rohrpostamt, dem Hofpostamt (Postamt 1), gebracht und von dort zum Telegrahenamt am Potsdamer Platz (R6) gesandt. Von dort wurde die Karte per Boten in die benachbarte Köthener Straße ausgeliefert. Der zeitliche Ablauf wurde erst mit Einführung der besonderen Rohrpoststempel ab 1886 dokumentiert. Die Rohrpostkarte RP5BF wird im Postamt 13 in der Neuenburger Straße in S.W. aufgegeben. Dieses Postamt ist ein Rohrpostamt (R 4). Die Karte erhält daher einen Rohrpoststempel, der ausweist, dass die Karte in der 3. Viertelstunde nach 10 Uhr vormittags (10 III V) am 24.9.1886 aufgegeben wurde. Die Karte ist zur Schumannstraße in N.W. adressiert, es wird daher das Rohrpostamt 7 Unter den Linden (Postamt 64) ausgewählt.. Die Ankunft wird ebenfalls mit einem Rohrpoststempel bestätigt mit der Uhrzeit 11 I; d. h. die Karte war etwa eine halbe Stunde unterwegs. Von dort wird die Karte per Boten zugestellt. Eine Ganzsachenpostkarte P20 wird mit "Rohrpost" beschriftet und richtig frankiert mit einer 48a im Postamt S. W. 48 in der Friedrichstraße am 7.6. 1890 aufgegeben. Dort wird noch einmal mit dickem Blaustift "Rohr" vor das gedruckte Wort Postkarte geschrieben und unterstrichen. Der Brief ist an eine Adresse in der Bernburger Straße gerichtet (noch im Bezirk S. W.). Das für diese Adresse nächste Postamt liegt jedoch im Bezirk W. am Potsdamer Bahnhof (P9) also wird 9 angegeben und die Karte zum nächsten Rohrpostamt R31, dem Postamt 61 am Belle Alliance Platz, gebracht. Dort wird es mit der Uhrzeit 10 I abgestempelt. Im Rohrpostamt R6 am Potsdamer Thor, das inzwischen mit dem Postamt 9 am Potsdamer Bahnhof (P9) verbunden ist, kommt es in der nächsten Viertelstunde an und wird von dort per Boten zugestellt. In diesem Fall wäre ein Bote zu Fuß wahrscheinlich schneller ans Ziel gekommen, die Entfernung zwischen Absender und Empfänger beträgt nicht eimal 1000 m. Diese Rohrpostkarte RP8 wurde am 29.3.1898 im Postamt 7 in der Dorotheenstraße aufgeliefert. Hier wurde ein Gitterstempel mit Minutenanzeige 1 20 N verwandt. Ziel ist das Postamt 62 in der Lützowstraße, wo die Karte mit der Uhrzeit 1 40 N abgestempelt wird. Von dort wurde die Karte per Boten ausgeliefert. Weitere Beispiele unter Suche mit Besonderheiten = Rohrpost Unterscheidungsmerkmale der Rohrpostkarten RP2- RP7 Die Rohrpostkarten RP2, RP4 und RP6 sowie die Doppelpostkarten RP3, RP5 und RP7 sehen sich jeweils sehr ähnlich. Die feineren Unterscheidungsmerkmale sind bei den einfachen Karten die gleichen wie bei den entsprechenden Doppelpostkarten. Unterscheidungsmerkmal: die Farbe des Wertstempels: RP2/3 RP4/5 RP6/7 1877: RP2/3: Ein dunkles Braun mit einem deutlichen Rotton 1881: RP4/5: Ein Braun ohne jeden Rotton in verschiedenen Helligkeitsabstufungen 1887: RP6/7: Ein helles Braun mit einem deutlichen Rotton (orangebraun) Gleichzeitig fällt auf, dass die Kartonfarbe deutlich unterschiedlich ist. Der Farbton der RP6/7 ist deutlich heller und im Papier feiner. Bei der RP4/5 ist weniger Rot enthalten. Da die Kartonfarbe aber manchmal verblasst ist, ist dieses Merkmal nicht so eindeutig. Bei der RP4/5 unterscheidet man drei Typen: Typ A Typ B Typ C Man macht die Unterschiede an der 2 der rechten Wertangabe fest, auch wenn die 5 jeweils deutlich unterscheidbar ist: Bei A hängt der Kopftropfen der 2 senkrecht nach unten und der Fuß der 2 ist vor allem an der Unterseite gebogen. Bei B ist der Kopftropfen nach innen gebogen und der Fuß gerade. Bei C steht der Kopftropfen schräg nach vorne und ragt über die Fußspitze hinaus, der geschwungene Fuß ist gleichmäßig dick. Die übrigen Rohrpostkarten gibt es nur in der Type A. Es hat sich gezeigt, dass die oben genannten Farbunterschiede für die 3 Ausgaben der Rohrpostkarten zwar für viele Exemplare zutreffen, aber sowohl durch Umwelteinflüsse veränderte Farbnuancen vorkommen als auch Farbabweichungen bei Papier und Druck. Deshalb tut jeder Sammler gut daran, nur gebrauchte Stücke zu erwerben, deren Abstemplung eine Zuordnung zu den 3 Ausgaben zulässt. Für die Rohrpostkarten mit Antwort hat sich noch ein zusätzliches Unterscheidungsmerkmal ergeben: Der Text der oberen beiden Abbildungen ist etwas breiter (Typ I: 39 mm) als der untere (Typ II: 37mm). Man kann die Doppelkarten RP3, RP5B und RP5C dem Typ I zuordnen und die RP7 dem Typ II. Die Doppelkarte RP5A gibt es sowohl vom Typ I (Ausgabe 1881) als auch vom Typ II (Ausgabe 1886). Genaueres s. Heft 66 der ArGe Krone/Adler, Seite 76f. |