Portofreiheit
in Südhessen in der Zeit vom 1.1.1872 - 31.12.1875
In Südhessen beruhen die Portofreiheits-Regelungen auf den Vereinbarungen mit der Thurn und Taxis'schen Postverwaltung, wie sie in der Postordnung für das Großherzogtum Hessen festgelegt wurden. Diese Regelungen sind im Großherzoglich Hessischen Regierungsblatt No. 39 am 31.12.1857 veröffentlicht worden. In dieser Verordnung "das Postwesen in dem Großherzogthum Hessen betreffend" wird in § 6 das "Postfreithum" beschrieben. In der Fassung der Abschrift dieser Verordnung, die von der Arbeitsgemeinschaft Thurn und Taxis 1995 herausgegeben wurde lautet der § 6: §
6.
Im
Allgemeinen
gilt der Grundsatz, daß
einzelnen Personen, Vereinen u.s.w.
für ihre Privatcorrespondenz
keine Portofreiheit zusteht, und es kommt daher das Portofreitum,
welches früher Unseren, im §. 13 der Verordnung vom
31. März 1818 unter pos. 4
genannten, Dienern auch als Privatpersonen eingeräumt war,
nicht mehr zur
Anwendung.
Dagegen bleibt die Uns und den Gliedern Unseres Großherzoglichen Hauses in dem Postlehnsvertrage bedungene Portofreiheit, innerhalb des jeweiligen Umfangs des Fürstlich Thurn und Taxisschen Postverwaltungs-Gebiets, d.h. insoweit die Fürstliche Postkasse das Porto zu beziehen hat, in dem bisherigen vertragsmäßigen Umfange fortbestehen. Sodann wird die Correspondenz sämmtlicher Mitglieder der Regentenfamilien der Postvereinsstaaten unter sich in dem ganzen Postvereinsgebiete portofrei befördert. Ferner werden im Gesammt-Postvereinsgebiete gegenseitig (d.h. im Wechselverkehr der einzelnen zum Vereine gehörigen Postgebiete) portofrei (auf der Briefpost) befördert: die Correspondenzen in reinen Staatsdienstangelegenheiten (Officialsachen) von Staats- und anderen öffentlichen Behörden des einen Postgebiets mit solchen Behörden eines andern Postgebiets, wenn sie in der Weise wie es in dem Postbezirke der Aufgabe für die Berechtigung zur Portofreiheit vorgeschrieben ist, als Officialsachen bezeichnet, mit dem Dienstsiegel verschlossen sind und auf der Adresse die absendende Behörde angegeben ist. Dieses Portofreithum findet sonach Anwendung auf die Dienstcorrespondenz der im Großherzogthum befindlichen Staats- und öffentlichen Behörden des Großherzogthums mit den einem Staate oder Landestheile eines andern Postgebietes angehörigen und in demselben ihren Sitz habenden Staats- und öffentlichen Behörden. Insoweit die Fürstlich Thurn- und Taxis'sche Postkasse das Porto zu beziehen hat, werden außerdem innerhalb des Fürstlichen Postverwaltungs-Gebiets, sowie für weiter gehende Sendungen portofrei befördert: die Brief- und Akten-Sendungen Unserer sämmtlichen Cabinets-, Hof-, Militär- und Civilbehörden oder an dieselben in herrschaftlichen Dienstangelegenheiten. Über den Begriff portofreier herrschaftlicher Dienstangelegenheiten, sodann über das, was hinsichtlich der Bezeichnung portofreier Sendungen zu beachten ist, sowie über den Umfang der dienstlichen Portofreiheit und über das Verfahren zur Untersuchung beanstandeter Contrasignaturen werden nähere Bestimmungen vorbehalten. Dem amtlichen Schriftwechsel in deutschen Bundesangelegenheiten steht innerhalb des Gebiets des deutsch-österreichischen Postvereins auf der Briefpost die Portofreiheit bis zum Gewichte von einem Pfund für jedes Packet zu, insoferne die Sendungen zwischen öffentlichen Behörden stattfinden, mit amtlichem Siegel verschlossen und mit der durch die Unterschrift eines Beamten beglaubigten Bezeichnung versehen sind: "Deutsche Bundesangelegenheiten". Dieses Portofreithum erstreckt sich auf die Dienstcorrespondenz der Bundesversammlung, der Bundeskanzlei, der verschiedenen Bundescommisionen und Ausschüsse, der Militärbehörden in den deutschen Bundesfestungen, sowie überhaupt der Commandos jener Militär-Corps, welche sich in einem ändern deutschen Bundesstaate, als welchem sie angehören, befinden, und zwar aller dieser sowohl unter sich, als mit den Behörden und Commando's aller deutschen Postgebiete. Die Correspondenz der Bundestagsgesandten ist jedoch nicht portofrei, insofern derselben nicht auf Grund einer anderen Bestimmung ein Portofreithum zusteht. Die dienstlichen Correspondenzen der Postbehörden unter sich und an Privatpersonen, ferner die amtlichen Laufschreiben der Postanstalten unter sich werden portofrei befördert. Die aus dem betreffenden Heimathlande abgesendeten Briefe an die im Aktiven Dienste stehenden, zu Bundeszwecken außerhalb ihres Heimathlandes dislocirten Soldaten vom Feldwebel abwärts werden im Wechselverkehr der Vereinsstaaten portofrei befördert. Dieses Portofreithum findet in demselben Umfange und unter den gleichen Bedingungen Anwendung auch auf Briefe, welche an solche Militärpersonen abgesandt werden, die, wie Combagnie-Chirurgen, Büchsenmacher, Feldbäcker etc. den Soldaten vom Feldwebel abwärts im Range gleichstehen, ohne zu den eigentlichen Combattanten zu gehören. Die von den Soldaten abgesandten Briefe unterliegen der gewöhnlichen Portozahlung. Bei allen portofreien Sendungen ist das für dieselben zu entrichtende fremde Porto und Transitporto zu vergüten. Für die von Porto befreiten Briefpost-Sendungen kommt für die Beförderung innerhalb des Postvereins-Gebiets die für portopflichtige Briefe gegenseitig zu vergütende gewöhnliche Transitgebühr nicht in Ansatz. Diese Änderungen beziehen sich auf die neuen Verfahrensregelungen und die Anpassung an die bestehenden Regelungen des Norddeutschen Bundes, lassen aber die seit Thurn und Taxis'schen Zeiten bestehenden Privilegien unangetastet. Daher gelten die alten materiellen Vergünstigungen weiter fort aber auch mit den alten Besonderheiten. Diese sind - soweit dies aus der am 31.12.1857 veröffentlichten Postordnung hervorgeht - folgende: 1.Nachnahme-Sendungen:
§ 20 letzter Absatz: Wenn eine Sendung, auf welche ein Postvorschuß nachgenommen wird, an sich portofrei zu befördern ist, so ist nur die Procura-Gebühr zu erheben. 2. Postanweisungen: § 21 letzter Absatz: Für Briefe mit Einzahlungen von portobefreiten Stellen oder Personen unter portofreier Rubrik ist blos die Einzahlungsgebühr vom Absender oder Empfänger zu entrichten. 3. Einschreiben mit Rückschein § 29 12. Absatz: Wenn der Absender von recommandirten Briefen die Beibringung einer Empfangsbescheinigung von dem Adressaten (Retour-Recepisse) verlangt, so muß er auf der Adresse dieses Verlangen durch die Bemerkung: "gegen Ablieferungsschein" (Retour-Recepisse) ausdrücken und es wird dafür von dem Absender eine weitere Gebühr von 6 Kreuzern oder 2 Sgr. ( je nach der an dem Aufgabeort giltigen Münzwährung), von welcher keine Befreiung stattfindet, erhoben. 4. Sendungen per Eilboten: § 30 4. Absatz: Expreß zu bestellende Briefe müssen stets recommandirt werden und zahlen, außer der Recommandationsgebühr und dem Tarifmäßigen Porto, für die expresse Bestellung am Orte der Postastalt an Bestellgeld (von dessen Entrichtung keinerlei Befreiung stattfindet):.... 5. Bestellgebühren: § 72 letzter Absatz: Herrschaftlich portofreie Sendungen, sowie dienstliche Werthsendungen, bei welchen im Falle der Zahlung die Bestellgebühr von einer portobefreiten Kasse getragen werden müßte, sind von der Zahlung der Bestellgebühr befreit. Aus der Zeit vom 1.1.1872 bis 31.12.1875 werden daher in Südhessen Belege von Absendern mit den alten Privilegien zu finden sein, die einerseits den Vermerk Frei lt. Avers No. 5 tragen (oder durch besonderen Absender kenntlich sind) und andererseits wenn
es sich um Nachnahmesendungen
handelt, nur die Postvorschussgebühren frankiert oder taxiert
enthalten, oder
Portofreie
Postanweisungen von diesen Absendern wird es nicht
geben, da die alte Einzahlungsgebühr wohl mit der
Postanweisungsgebühr gleichzusetzen ist. Das Fehlen der
Erhebung
der Bestellgebühr wird sich wohl schwer nachweisen
lassen.wenn es sich um Einschreiben mit Rückschein handelt, nur die Rückschein-Gebühren frankiert oder taxiert enthalten, oder wenn es sich um Express-Sendungen handelt - wie im übrigen Bereich der Deutschen Reichspost auch, aber auf einer anderen Rechtsgrundlage - nur das Eilbestellgeld frankiert oder taxiert enthalten. Hinweis: man vergleiche die obigen Regelungen mit Artikel des Regulativs. |